Wer in Havanna auf einem Box-Abend einer Frau in sehr kurz abgeschnittenen Jeans begegnet, die nicht von einem muskulösen, bedrohlich mit dem Kiefer mahlenden Mann begleitet wird, darf sich wundern. So geschehen vor wenigen Wochen, als die in München lebende Fotografin Katharina Alt ihre Arbeit über kubanische Boxer beendete. Alt war, nur mit einer Kamera bewehrt, bei Kämpfen und in den Gassen Havannas unterwegs, um Nachwuchstalente und alte olympische Helden wie Félix Savón vor ihre Linse zu bekommen. Savón, der von sich sagt "Kameras sind das Einzige, wovor ich wirklich Angst habe", sitzt für das Porträt halbwegs entspannt in seinem Trophäenraum und hält Alts Kameraauge stand. Gerade in diesen alltäglichen Momenten, zu Hause, oder beim Training (wie der Junge oben im Bild) erkennt man am ehesten, welche Bedeutung Boxen in Kuba hat, wo es Volkssport und Nationalstolz gleichzeitig ist. Andere Bilder zeigen Kämpfer mit nacktem Oberkörper, ohne besonderen Ausdruck oder Atmosphäre zu transportieren. Eher schon das Vorurteil des edlen Wilden. Wo im Buch ein langer Einleitungstext mit großem Pathos versucht, das Wesen des Boxens an sich zu erklären, punktet die Ausstellung mit konkreten Ergänzungen des Klischees: Die Geschichte des kubanischen Boxens, auch im Buch der interessantere Aufsatz, wird in historischen Bildtexten erzählt. Und in der Mitte des Ausstellungsraumes im "Haus der Fünf Kontinente" steht ein alter Ring aus den 60er-Jahren - dieses kleine Quadrat, dass für die kubanischen Boxer den Mittelpunkt der Welt bedeutet.
Bis 11. Sept., von 9.30 bis 17.30 Uhr, Museum Fünf Kontinente, Maximilianstr.
42, ☎089/210 136 100. An diesem Mittwoch, 18. Mai, gibt es einen Workshop mit einer Gruppe syrischer Flüchtlinge, die im Boxwerk in der Schwindstraße bereits betreut werden, im Museum.