Ausstellung: Helmut Newton:Sex and the City

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Man ist doch immer so nur so erotoman, wie Mann sich fühlt. Die Hypo-Kunsthalle in München zeigt Helmut Newtons "Sex and Landscapes"-Fotografien.

SONJA ZEKRI

Den einen Fotografen kennt man, das ist der Mann, der die Frauen liebte, der sie besessen fotografierte, mit nichts auf ihren Luxus-Leibern als Stilettos, einer Perlenkette oder mal einem Revolver. Das ist Helmut Newton, der eiskalte "Auftragskiller", wie er sich selbst nannte, ein Fetischist des Glamourösen, ein Ikonograf der inszenierten oder auch nur dokumentierten Entblößung. Das ist der Helmut Newton, den alle kennen.

Das ist Helmut Newton, der eiskalte "Auftragskiller", wie er sich selbst nannte, ein Fetischist des Glamourösen. (Foto: N/A)

Aber der andere? Der aus dem Fenster seines Flugzeuges den mächtigen Schatten der Maschine einfängt oder das Patchwork-Muster Spaniens? Der aus seinem Apartment in Monte Carlo aufs Meer blickt und geheimnisvoll leuchtende Schiffe entdeckt wie schwimmende Karussells? Das ist der andere, der sentimentale Helmut Newton, den kaum einer kennt und der selber lange Zeit der Meinung war, diese Seite wolle auch gar keiner kennen lernen.

Als der Schweizer Galerist Simon de Pury ihn fragte, welche weiteren Arbeiten er noch in Zürich zeigen könne neben seinen Nudes und Babes, antwortete Newton: "Meine Landschaften, aber die will niemand sehen." Wollte man doch, erst in Zürich, dann in Berlin, wo 44 Fotos aus der Serie "Sex and Landscapes" in der Helmut-Newton-Stiftung gezeigt wurden, und nun in der Münchner Hypo-Kunsthalle. Inzwischen ist "Sex and Landscapes" auf 88 Bilder angewachsen, die Werke umspannen die Zeit von den Siebzigern bis kurz vor seinem Tod 2004. In dieser Ausstellung aber herrschen unübersehbar zwei Temperaturen.

"Ich mag Romantik bei Landschaften, aber nicht bei Frauen", hat Newton einmal gesagt. Und tatsächlich: So aufwändig und detailversessen er auf einigen Werken sexuelle Requisiten arrangiert, so minutiös und zitatgesättigt viele seiner Aufnahmen aus der Welt der SM-Erotik oder der Sex-Spielzeug-Industrie sind, so zufällig wirken seine Landschaften. Oft auf Reisen aufgenommen, als Nebenprodukt von Auftragsarbeiten, dokumentieren sie den unbezähmbaren Zwang, die Welt in Bildern festzuhalten - immer und überall. Manche Motive sind vertraut: Der Blick in ein Haus in der Pariser Rue Aubriot von 1977 enthält - wie fast alle Häuserbilder - jene Komplizenschaft zwischen Fotograf und Betrachter, ohne die sein Werk gar nicht auskommt. Andere aber bringen einen ungewohnt stillen Ton in die Schau: die Bilder vom Berliner Grunewald-See beispielsweise. Newton hat die kargen, fast unheimlichen Idyllen an eben jener Stelle am Ufer aufgenommen, an der er, der jüdische Bohemien, in den dreißiger Jahren mit seinen Freunden schwimmen ging - bevor er 1938 fliehen musste. Ein anderes zeigt ein Flugzeug, winzig wie eine Fliege, das seine Bahn exakt parallel zum Horizont zieht. Wer weiß, vielleicht sind diese Aufnahmen nicht nur die intimeren Newton-Bilder, sondern auch die aufregenderen.

Helmut Newton: Sex and Landscapes, München, Hypo-Kunsthalle, bis 1. November, Tel: 089-22 44 12. Das Buch "Helmut Newton - Sex and Landscapes", erschienen bei Taschen, kostet 29,99 Euro.

© SZ v. 01.09.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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