Ausstellung:Die Zeichen der Marken

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16 Logos hat Konstantin Voit in der "Malfabrik, Block 7 (Werbeblock, 2005/6)" verewigt. Er baut Markenlogos nach und stellt neue, witzige Bezüge her. (Foto: Konstantin Voit)

Einfach, einprägsam und unverwechselbar: Eine Ausstellung in Ingolstadt zeigt, wie kurz der Weg von der Konkreten Kunst zu Firmenlogos ist

Von Sabine Reithmaier

Vier Ringe, eine Raute, ein rotumrandetes Rechteck mit zwei roten Buchstaben, ein blaues L auf gelbem Grund oder ein blaues Quadrat mit einer Diagonale - die Logos von Audi, Renault, Bahn, Langenscheidt oder Deutscher Bank brauchen keine Erklärung, sie sprechen für sich. Nur selten aber macht man sich bewusst, dass Markenzeichen oft auf Entwürfen des frühen 20. Jahrhunderts basieren. Damals besannen sich die Künstler auf Linie, Fläche, Form, Farbe und Rhythmus, nicht um abzubilden, sondern um menschliches Denken ganz konkret auszudrücken. Dass viele Vertreter der Konkreten Kunst mit Design Geld verdienten, verdeutlicht eine ebenso amüsante wie aufschlussreiche Ausstellung im Ingolstädter Museum.

Logos müssen verständlich sein, unverwechselbar, einprägsam, leicht reproduzierbar. Und sie sollten sich, wie es der Grafikdesigner Kurt Weidemann einmal formulierte, "mit dem großen Zeh in den Sand kratzen" lassen. Das dürfte nicht gelingen bei der Frau, die 1894 mit wallendem Haar und einer in den Nachthimmel gereckten Glühbirnenfackel auf einem Plakat für die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft warb. Die Einzelheiten der allegorischen Figur wären verkleinert weder auf Briefköpfen noch auf Smartphones gut zu erkennen, würden heute weder analog noch digital noch funktionieren. Kein Wunder also, dass Peter Behrens, als er 1912 das erste Corporate-Identity-Konzept entwickelte, erst einmal kräftig reduzierte und sich dann schließlich für die drei Buchstaben AEG in Antiqua-Schrift entschied.

Formeigenschaften werden gern auf die Marke übertragen. Anton Stankowski machte sich das zunutze, als er 1974 für die Deutsche Bank das stabile blaue Quadrat mit der dynamischen Diagonale entwickelte. Die Bild-Zeitung machte es umgehend berühmt, als sie titelte: "Maler verdient mit fünf Strichen 100 000 Mark." Das Geldinstitut fühlte sich bemüßigt, die Notwendigkeit des Logos in halbseitigen Anzeigen zu rechtfertigen.

Stankoswki juckte das wenig, er fand sowieso nicht, dass Kunst und Design sich gegenseitig ausschließen. "Design oder Kunst, es muss einfach gut sein", sagte er einmal. Seinem Künstlerkollegen Günter Fruhtrunk dagegen bereitete es anscheinend moralische Schwierigkeiten, für den Discounter Aldi Nord eine Plastiktüte kreiert zu haben. Angeblich bekannte er seine "Sünde" 1970 seinen Studenten an der Münchner Akademie und zahlte 400 Euro in die Kaffeekasse. Die Tüten mit den blau-weißen Diagonalstreifen, immer noch in Verwendung, haben ihn jedenfalls überlebt.

Manche Logos verändern sich in minimalen Schritten. Dem Kunden fällt es gar nicht auf, wenn das Blau der Nivea-Cremedosen dunkler wird. Hier im Museum lassen sich auch winzige Veränderungen beobachten, etwa bei der Raute von Renault. 1925 eingeführt, als der eckige R 5 auf den Markt kam, verwandelte sie Victor Vasarely 1972 in ein kleines, flirrendes Op-Art-Kunstwerk. Aber genau dieses Flimmern macht sich auf Bildschirmen nicht gut, weshalb inzwischen minimalistisches "Flat Design" angesagt ist. Auch Audi hat seine vier Ringe, ursprünglich das Zeichen für den Zusammenschluss vier verschiedener Autowerke, überarbeitet. Der Konzern verzichtet auf jeden Schriftzug im Vertrauen darauf, dass das Logo weltweit funktioniert, ohne dass Produkt oder Firma genannt wird. Ein Markenzeichen ist eben auch eine Möglichkeit, Erfolg zu messen.

Guido Münch, Jahrgang 1966, geht den umgekehrten Weg und verwandelt Logos in Kunst. Nicht einfach, das Signet noch zu erkennen, wenn Größe und Farbe verändert sind.

Logo. Die Kunst mit dem Zeichen; Museum für Konkrete Kunst Ingolstadt; bis 19. März

© SZ vom 29.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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