Die Rastafari-Fahnen hängen schon. Wenn am Freitagabend auch noch Dub- und Reggae-Musik im Foyer erklingt, könnte sich der eine oder andere Besucher fragen, ob er sich nicht in der Tür geirrt hat. Die Antwort ist: mitnichten. Denn während der Eröffnung der "Jahresgaben"-Ausstellung wird der Kunst- zum Dub-Verein. Eine Idee, die von Hank Schmidt in der Beek stammt, der als einer von 92 Künstlern aus München und Umgebung bei der "Jahresgaben"-Schau ausstellt.
Diese findet traditionell am Jahresende nicht nur im Münchner, sondern auch in anderen Kunstvereinen statt. Und sie zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie die einzige Verkaufsausstellung ist. Manche sehen das kritisch, weil die Grenze zur Verkaufsgalerie verwischt. Für andere ist es ein willkommener, manchmal auch nötiger Weg, die eigenen Kassen zu sanieren. Der Großteil des Erlöses bleibt jedoch bei den Künstlern, und fünf Prozent gehen in München zudem an die Künstlersozialkasse ab.
Für Kunstvereins-Direktor Chris Fitzpatrick waren die "Jahresgaben" am Anfang eine Umstellung, aber er hat sie deshalb schätzen gelernt, weil sie für ihn weniger ein ökonomisches als ein soziales Ereignis sind. Wann sonst kommen, wie bei der Eröffnung und anschließenden Party, fast alle Mitglieder des Kunstvereins und so viele Künstler zusammen? Mitglied muss man übrigens sein, damit man die Werke erwerben kann, die sich preislich zwischen 100 und 3700 Euro bewegen und von denen viele extra für die Ausstellung angefertigt wurden. Bei bekannteren Namen wie Kerstin Brätsch, Martin Fengel oder Michaela Melián sind das durchaus Schnäppchen. Und Fitzpatrick erzählt, dass manche Kunstvereins-Mitglieder erst durch die "Jahresgaben" zu Sammlern geworden sind. Auch das hält er für wichtig.
Es sei auch spannend, dass durch die alphabetische Hängung bekanntere neben unbekannteren Namen hängen und dabei oftmals zufällige Beziehungen zwischen den Positionen und Medien entstehen. Von der Zeichnung über Design-Arbeiten und Fotografien bis hin zu einem Filmprogramm im Kino ist dabei eine große Bandbreite vertreten. Diese wird im Treppenaufgang noch durch eine Auswahl an Künstler-Editionen aus den vergangenen Jahren ergänzt. Womit die Ausstellung nicht nur einen guten Überblick über die hiesige Kunstszene, sondern auch über die bisherige Programmgestaltung des Kunstvereins gibt.
Was deren Zukunft anbelangt, dazu lässt sich auch schon Erstes sagen. So ist am 26. Januar eine Roboter-Performance im Kunstverein geplant, bevor dann vom 16. Februar an Alexandre Estrela, João Maria Gusmão und Pedro Paiva diesen zu einer riesigen Film-Installation umgestalten. Weitere Ausstellungen sind etwa Sarah Ortmeyer (ab 4. Mai) oder der Künstlergruppe BRUD (ab 19. Juni) gewidmet, und der Multimediakünstler Michael Portnoy wird mit Tänzern, einem Komponisten und einem Kinematographen fünf Filme zum Thema Sex für den Kunstverein produzieren (ab 21. September).
Jahresgaben 2017, Fr., 8. Dez., 19 Uhr (Eröffnung), bis 17. Dez., Kunstverein München. Galeriestr. 4