Armin Rohde:Wenn ich wiedergeboren werde, dann als Wal

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Er ist eine zarte Elfe im Wildschweinkostüm und ein Ruhrgebietsmensch wie er im Buche steht. Armin Rohde über das Revier.

Hilmar Klute

SZ: In Ihrer Autobiographie steht ein Satz, den eigentlich nur ein Mensch aus dem Ruhrgebiet loslassen kann: Eine gute und kraftvolle Stimme kommt immer aus dem Arsch.

"Es ist ja ganz schön, dass sich diese Region mal feiert und dass sie überregional wahrgenommmen wird." (Foto: Foto: dpa)

Armin Rohde: Ja oder einfach jemand, der weiß, wovon er redet. Das ist mitunter deckungsgleich, aber nicht immer. Das ist die Muskulatur, die man beim Sprechen einsetzt, die tiefe Beckenbodenmuskulatur. Es ist der Arsch, aus dem die Kraft kommt. Und wenn da die Kraft sitzt, quasi, bleibt der Kopf ganz leicht. Beweglich wach, aufmerksam. Bei Ihnen sitzt die Stimme übrigens richtig.

SZ: Gott sei Dank.

Rohde: Ich hör sofort, wenn bei jemandem die Stimme nicht richtig sitzt. Ich kann hören, wo die eigentlich sitzen müsste. Wenn ich spiele, schaffe ich eine Oktave tiefer mit der Stimme. Leute, die mich dann privat erleben, wundern sich, dass ich fast ne Oktave höher und mit dreifachem Tempo rede, so, als säße ich endlich mal im Interview und wäre froh, endlich mal das alles gefragt zu werden.

SZ: Hat der Ruhrgebietsmensch eine spezifische Stimmlage? Falsettstimmen hört man doch hier eher selten.

Rohde: Vielleicht hat das auch mit einer gewissen Ausgeruhtheit zu tun. Das ist ja sowieso erstaunlich, dass hier fünf Millionen Menschen auf relativ engem Raum leben. Flächenmäßig ist das Ruhrgebiet nicht sehr groß. Und dafür geht's hier relativ entspannt zu, finde ich.

SZ: Gerade wurde im Ruhrgebiet das Kulturhauptstadtjahr 2010 ausgerufen. Lassen Sie uns ein paar Ruhrpott-Klischees abfragen. Eines lautet: Der Mensch des Ruhrgebiets ist eine ehrliche Haut.

Rohde: Es ist ja ganz schön, dass sich diese Region mal feiert und dass sie überregional wahrgenommmen wird. Als eine der größten Menschenansammlungen Europas mit einem unglaublichen Gemisch an Völkern, kulturellen Angeboten - das ist ja alles super. Es darf aber nicht dazu führen, dass da Klischees dermaßen ins kollektive Bewusstsein eingebrannt werden, dass wir nach der Feierei in einem Jahr von gewissen Bildern überhaupt nicht mehr runterkommen. Ich merke das immer wieder, dass man südlich der Mainlinie glaubt, dass wir hier auf allen vieren durch Rauchschwaden krabbeln, und man immer noch die Wäsche reinholen muss, weil sie sonst schwarz wird. Ehrliche Haut, Herz auf der Zunge - solche Attribute werden gerne wiedergegeben, weil man Schlimmeres über einen Menschen sagen kann, als direkt und kraftvoll zu sein.

SZ: Hat das Ruhrgebiet ein Identitätsproblem?

Rohde: Einerseits ist es erfreulich, dass hier so viele Nationen zusammengekommen sind. Aber letztlich gibt es noch kein identitätsstiftendes Merkmal. Vielleicht ist genau das aber auch das Merkmal. Beim Kulturhauptstadtjahr gibt es, glaub ich, 2500 Veranstaltungen, die da stattfinden. Wobei ich sehr hoffe, dass das meiste bitte keinen Feuerwerkscharakter hat, also eine gewisse Nachhaltigkeit vorweisen kann. Etwas, das dann auch im gesellschaftlichen Bewusstsein der Nation und im täglichen Leben weiter wirkt.

SZ: Was müsste das denn sein?

Rohde: Man müsste etwa den Kindern aus Hartz- IV-Familien ermöglichen, am Wochenende ins Kino zu gehen. Alle Kinder reden von dem tollen neuen Film, der ab zwölf freigegeben ist. Jetzt gehen Sie mit ner vierköpfigen Familie am Wochenende ins Kino, Taxi und Hotdog noch gar nicht mitgezählt, da sind Sie an die 60 Euro los. Familien, die das nicht schaffen, können am kulturellen Miteinander nicht mehr teilnehmen. Ich habe keine Ahnung, wie man so was zustande bringt, aber das hätte was mit Nachhaltigkeit zu tun. Dass diese Menschen eine kulturelle Kompetenz erhalten, die nicht zwangsläufig dem sozialen Status der Familie entspricht.

SZ: Man müsste sich auch dazu bekennen, dass es eine Region der kleinen Leute ist.

Rohde: Ein vielbemühtes und vielstrapaziertes Wort ist auch Strukturwandel, der ja auch nur teilweise gegriffen hat. Die Vokabel ist oft missbraucht worden für Massenentlassungen: Wenn du ein Jahr lang keinen Job mehr hast, dann zwingen wir dich, im Stadtpark Dreck zu sammeln. Der Begriff kann leicht als Waffe gegen Leute gewendet werden und diffamiert dann jeden, der seinen Job verloren hat und nicht mehr angemessen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann. Wo will man den hinschicken? Du kannst nicht jeden in den Park schicken zum Abfallsammeln.

SZ: Das Ruhrgebiet war früher ein sauber festgezurrtes Gefüge, in welchem der Arbeiter, der Bergmann, der Opelaner eine unverrückbare Position hatten.

Rohde: Eine Region mit Leuten, die sagen: Gib mir ne Aufgabe, ich mach dir dat. Jetzt liegt aber dieses "Ich mach dir dat" brach. Ich meine: Was soll der denn machen, da is ja nix. Und jeden Bergmann kannst du nicht als Medienmenschen einsetzen. Wir müssen aufpassen, dass diese Region nicht zum Beatmungspatienten wird. Ich finde, diese ganze Feierei müsste mit weniger ideologischem Sirup und Heißassa und Feuerwerk stattfinden, sondern so, dass man auf das Ganze schaut wie auf einen lebendigen Organismus. Wäre es ein Mensch, müsste ich mir den mit klarem analytischen Blick anschauen und fragen: In welchem Zustand ist dieser Mensch?

Lesen Sie auf Seite 2, warum es nie ausreicht, nur das zu tun, was man tut.

SZ: Wie würde die Diagnose lauten?

"Meine Eltern haben mit der Seele von Künstlern das Leben von Arbeitern geführt." (Foto: Foto: dpa)

Rohde: Das hat ein bisschen Ähnlichkeit mit mir vor ein paar Monaten. Als ich übergewichtig war und nach Luft schnappte. Ich musste abnehmen, das heißt, es müssen hier organisatorische und administrative Strukturen verschlankt werden, drei Regierungspräsidenten regieren uns in drei Regierungsbezirken. Das be- und verhindert Effektivität. Es geht nicht, dass man hier mal kurz die Fackel durchschwenkt und hinterher ist alles umso dunkler.

SZ: Sie sind selbst als Sohn eines Bergmanns aufgewachsen. An was erinnern Sie sich?

Rohde: Die deutlichste Erinnerung, die ich an meinen Vater als Bergmann habe, ist der Moment, als das Unglück von Lengede passiert ist. Ich kam von der Schule nach Hause, ich war acht Jahre alt, und mein Vater saß weinend vorm Radio. Das fand ich seltsam. Ich frag, was ist los, und er sagte, mein Gott, die Jungs sind noch da unten. Wo ist unten? Ich dachte, irgendwas ist mit meinen Brüdern im Keller passiert. Und über dieses Unglück in Lengede fing er an, von seiner eigenen Tätigkeit zu erzählen.

SZ: Später haben Sie selbst und Ihr Bruder Uwe zwei Kumpel im Lengede-Film verkörpert.

Rohde: Mein Bruder hat ja den Bergmann unter Tage gespielt, und ich den Bohrmeister über Tage, der ihn rettet. Mein Bruder und ich, wir hatten beide das Gefühl, dass wir das Ganze an meinen Vater zurückgeben. Tribute to the King. Ich habe nie den Hammer in der Hand gehabt, wie mein Vater, und auch nie verstanden, wie man so eine Knochenarbeit den ganzen Tag lang aushält, jahrelang und ohne dass es danach den ganz großen Preis gibt.

SZ: Bergleute haben ein hohes Standesbewusstsein. Und trotzdem warnen sie ihre Kinder und Enkel vor dem Beruf.

Rohde: Geh nie auf Kohle, ja. Aber es gibt dieses Klassenbewusstsein im Ruhrgebiet schon lange nicht mehr, am längsten wohl bei Opel: "Du wirst, wat dein Vatta is, und dat is gut so." Stattdessen hieß es immer sehr bald: Du sollst es mal besser haben. Dieser Satz wurde wichtiger als "du trägst die Tradition weiter", nach der Devise: Bergmann bleibt Bergmann. Jeder, der unter Tage arbeitet, wusste, wie hart und gnadenlos die Arbeit dort ist. Wenn früher jemand unter Tage verunglückte, sah man zu, dass man den möglichst schnell vors Zechentor brachte, damit er, wenn er stirbt, draußen stirbt und nicht in der Zeche. Weil dann weniger Rente gezahlt werden musste an die Witwe. Den Beruf des Bergmanns dahingehend zu idealisieren, das sei Kameradschaft pur und richtig ehrliche Knochenarbeit...

SZ: ... ist eines der beliebtesten Klischees.

Rohde: Ja, aber die Bergleute haben es selber mitgeschaffen, um ihre Arbeit besser aushalten zu können. In dieser Region wurde ja der Wohlstand dieses Landes erzeugt und der Rang als Industrienation, das ist nun mal so. Jemand, der hier malochte, hatte ja selber nur das Notwendigste. Es reichte immer nur gerade mal eben für die Klamotten, fürn Täubchen am Wochenende oder ein Bier. Der Jackpot war nicht drin, und irgendwann fängt man an, die Klischees anzunehmen. Das ist wie Hollywood: Hollywood überhöht die USA, die USA überhöhen sich dann wieder selber, und Hollywood muss wieder eins höher gehen, das steigert sich an sich selber hoch.

SZ: So entstehen Mythen.

Rohde: Und so etwas Ähnliches ist hier im Ruhrgebiet auch passiert. Ich kann mich noch erinnern, wie in meiner Kindheit die alten Männer auf dem Balkon saßen und nach Luft schnappten mit ihrer Steinstaublunge. Ich hab noch im Ohr den Satz: "Dat is der alte Hähnel." Der alte Hähnel war 44 Jahre alt. Er saß sommers wie winters draußen und machte (ahmt das Atmen des Bergmanns nach).

SZ: Dieses schreckliche Geräusch kennt jeder, der aus einer Bergarbeiterfamilie stammt.

Rohde: Das kriegt man nicht mehr aus dem Ohr. Und es zeigt, wie notwendig gerade unter schweren Lebensumständen ein Überbau ist. Es reicht nie aus, nur das zu tun, was man tut. Wenn das nicht mit einer Idee verbunden ist, sei es eine Philosophie, eine Ideologie, eine Religion, Kunst was auch immer. Und ich glaube, jemand, der so hart arbeitet, dass es gerade fürs Notwendigste reicht, nimmt diese Art von Überbau auch gerne an, um sich zu stilisieren. So ist ein sich selbst aufschaukelndes System entstanden, das wir bis heute nicht von der Backe kriegen. Und es ist verbunden mit dem Umstand, dass man uns für ein bisschen schlicht hält und staunt, wenn wir zwei Sätze mit Nebensätzen hintereinander zu Ende reden können.

SZ: Sie meinen jetzt wieder den Ruhrpöttler als Gesamtphänomen.

Rohde: Ja, denn darin steckt ja auch eine Verharmlosung, dieses Offenherzige, Ehrliche, Gerechte, Kraftvolle. Und Humor haben wir auch noch, Gelassenheit und wat nich alles. Ein bisschen schlicht, das heißt auch: nicht besonders gefährlich. Solche Leute gehen nicht mit Knüppeln auf die Straße und sagen: So jetzt reicht's wir haben die Schnauze voll. Ihr kriegt jetzt eins aufs Maul für eure Überheblichkeit, eure Vernichtung von Arbeitsplätzen, eure unermessliche Gier.

SZ: Früher galt das Revier als ziemlich kulturferne Gegend. Und trotzdem gab es ein Bedürfnis, Kultur zu erleben?

Rohde: Meine Eltern haben mit der Seele von Künstlern das Leben von Arbeitern geführt. Mein Vater ist heute noch mein schärfster Kritiker, so wie der hinkuckt. Viele Regisseure, mit denen ich gearbeitet habe, haben diesen genauen Blick nicht gehabt. Der wär ein toller Regisseur, der hat eine ganz naive Unbestechlichkeit.

SZ: Das klingt wieder nach harmlosem Ruhri.

Rohde: Nee, gar nicht, das ist nur der Kern. Das ist das, wovon das ausgeht bei ihm, diese naive Unbestechlichkeit. Meinen Vater würde ich bei mir Regie führen lassen. Mein Vater war ein beliebter Vortragskünstler. Bei Festen hieß es immer: Kurt, komm, nochn Gedicht odern Lied.

SZ: Das gehörte auch zur Arbeiterkultur, diese Rezitationen und das Musikmachen.

Rohde: Ja, diese singulären Figuren waren immer dazwischen und wichtig. Diese Kultur muss auch dieses Jahr stärker im Vordergrund stehen. Nicht nur Aktionen, bei denen man sagt: Wir wollen beeindruckende Bilder in die Welt schicken. Vieles, das veranstaltet wird, ist von rührender Hilflosigkeit. Das ist kein böser Wille, und der eine oder andere Veranstalter kann ja auch zeigen, was er drauf hat. Wunderbar. Aber so viele Eventunternehmer werden wir auf Dauer nicht brauchen, auch von denen werden nach dem Jahr 2010 einige arbeitlsos sein. So, wie der große Fritz Kortner immer gesagt hat, dass Betonung die Flucht vor dem Gestus ist. Wenn ich etwas betone, fliehe ich vor der Gedanklichkeit, vor dem, was noch drin stecken könnte, wenn ich tiefer schaue. Und ein Feuerwerk jag ich in die Luft, um zwischendurch vergessen zu können, wie dunkel es im Keller ist.

SZ: Eigentlich ist das Ruhrgebiet keine Kulturhauptstadt, sondern eine Hauptstadt des Arbeiterlebens. Aber das Theater hat immer eine immens große Rolle gespielt.

Rohde: Hier gab es nach dem Krieg Kohle für Kunst. Die Trümmer rauchten noch, da wurde hier Theater gespielt, weil das Gefühl entstand: Das brauchen wir jetzt.

Lesen Sie auf Seite 2, was die Ruhrpöttler vom Theater im Ruhrgebiet wollen.

SZ: Mit Saladin Schmitt als erstem Intendanten. Er war ein Ästhet, ein Vetter von Stefan George und Dandy, eine Figur, die so gar nicht hier reinpasste.

Rohde: Und deswegen vielleicht dann doch wieder. Man ist ja immer bemüht, Eindeutigkeiten zu schaffen, weil die Vielfältigkeit so kompliziert ist, und wie nennt man das Ganze dann? Wie muss das bedient werden, wie machen wir diese Komplexität fruchtbar und für die Zukunft produktiv, das ist ja die Herausforderung.

SZ: Was wollten die Ruhrpöttler vom Theater im Ruhrgebiet? Worin lag nach dem Krieg die Faszination, in Bochum Shakespeare anzuschauen?

Rohde: Da wär ich gern dabei gewesen. Es gibt Fotos von Gesichtern von damals, so schaut heute kein Theaterzuschauer mehr. Diese Gesichter sieht man heute vielleicht in Indien, wo Kinogruppen über die Dörfer ziehen; abends, wenn es dunkel ist, ziehen sie die Leinwand auf, und mit einem knatternden Projektor wird dann im Dorf ein Film gezeigt. Diese Gesichter kann man sich heute nicht mehr vorstellen. Es ist die Sehnsucht in ihnen nach einer Welt, die vielschichtigere und beglückendere Gefühle kennt als nur knappes Überleben - es ist ja in der anderen Richtung auch ein intensives Gefühl zu wissen, es sind Dinge wichtig, die mit meinem unmittelbaren Alltag nicht so viel zu tun haben.

SZ: Oder eine Welt, in der es eine andere Form von Leiden gibt, wie bei Sophokles?

Rohde: Ja, im Sinne von Katharsis. Ich habe lange gedacht, ich hätte einen nutzlosen Beruf und bin bloß Egoist genug, ihn trotzdem nicht aufzugeben. Bis ich einen Dankesbrief am Brett im Schauspielhaus Bochum gefunden habe. Wir hatten "Timon aus Athen" gespielt, und ein Ehepaar, das ein schwer krankes Kind hatte, schrieb uns, dass wir sie an dem Abend nicht nur getröstet, sondern ihnen Kraft gegeben hätten, die Arbeit mit ihrem Kind weiter zu tun. Wie das genau funktioniert, muss ich nicht wissen, aber da wurde mir klar, dass es nicht so sinnlos ist, wenn man seine Arbeit als Schauspieler tut. Die menschliche Gemeinschaft braucht es, gespiegelt zu werden und ihre eigene Geschichte erzählt zu bekommen.

SZ: Und deshalb ist die Tragödie für das Ruhrgebiet die passende Form?

Rohde: Ich bin ein großer Freund der Tragikomödie, ich bin Tragikomiker durch und durch, das wird für meinen Geschmack noch zu wenig eingesetzt.

SZ: Der Ruhrpott-Dialekt wird oft parodiert, was er ja eigentlich nicht verdient hat.

Rohde: Nein, er wird auch meistens schlecht parodiert. Das Ruhrgebietsdeutsch weist alle Merkmale einer eigenen Sprache aus, in den Verkürzungen, Worterfindungen, in der grammatikalischen Struktur. Es gibt ja Worte, die man nur verstehen kann, wenn man in bestimmten Zusammenhängen gearbeitet hat. Warum ein Hammer Mottek heißt...

SZ: Weil es das polnische Wort für Hammer ist.

Rohde: Das muss man erst mal wissen. Warum die Decke unter Tage nicht Decke heißt, sondern Hangende, und die Lampe ist ein Geleucht und das Werkzeug ein Gezähe.

SZ: Und Frühstück heißt Buttern. Trotzdem hat man das Gefühl, es ist zur Kabarettsprache verkommen.

Rohde: Am Anfang hab ich Atze Schröder und das Personal seiner Serie unterschätzt. Aber er benutzt diese Art von Pfiffigkeit und Großschnäuzigkeit auf erhellende Weise. Er ist einer derjenigen, die das nicht diffamieren. Leute, die besonders empfindlich sind, gebärden sich besonders robust, ich merk das gelegentlich, dass man mich für ein Wildschwein hält und nicht bemerkt, welch zarte Elfe sich hinter dem im Wildschweinkostüm verbirgt. Da bin ich typisch. Wenn etwas typisch ist fürs Ruhrgebiet, dann der Umstand, hemmungslos für robust gehalten zu werden.

SZ: Aber Sie haben ja eine zweite Chance. Sind Sie nicht gläubiger Buddhist?

Rohde: Stimmt, mein tibetischer Name ist Karma Geleg Palsang. Wenn ich mal wiedergeboren werde, komme ich als Wal, da bin ich die meiste Zeit nicht zu sehen, und es ist egal, wem ich wie vorkomme.

Armin Rohde, 54, ist einer der erfolgreichsten deutschen Filmschauspieler. Seine Karriere begann er am Theater, große Bühnenerfolge feierte er vor allem in Bochum, wo er unter anderem den Mackie Messer spielte. Im Kino wurde er als Ruhrpott-Proll Bierchen und als schwuler Metzger in Sönke Wortmanns Filmen "Kleine Haie" und "Der bewegte Mann" einem breitereren Publikum bekannt. Helmut Dietl besetzte ihn für "Rossini oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief" als Promichirurg Sigi Gelber. Seitdem gehört Rohde zur ersten Garde deutscher Schauspieler, vor kurzem hat er seine Autobiographie "Größenwahn und Lampenfieber - die Wahrheit über Schauspieler" veröffentlicht. Demnächst wird er in einem Film als Heinrich George zu sehen sein. Armin Rohde ist verheiratet und lebt in Bochum.

© SZ vom 16.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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