Architektur:Fenster ins Innerste

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Alexander Freiherr von Branca wäre an diesem Samstag 100 Jahre alt geworden

Von Susanne Hermanski, München

Er war der bayerische Stararchitekt seiner Zeit und steht in München gerade wieder im Mittelpunkt des Interesses - als Erbauer der Neuen Pinakothek, die zum Jahreswechsel für eine gewaltige Sanierung geschlossen werden musste. An diesem Samstag wäre Alexander Freiherr von Branca 100 Jahre alt geworden, der gebürtige Münchner starb am 21. März 2011. Die Töchter des Architekten verhandeln derzeit mit dem Staatlichen Bauamt und der Staatsgemäldesammlung über Details der Arbeiten an der Neuen Pinakothek. "Wir befinden uns in Abstimmungsgesprächen", sagen Alexandra und Emanuela von Branca, beide ihrerseits Architektinnen, die mit dem Vater auch zusammengearbeitet haben.

Die Neue Pinakothek in einer Detailansicht. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Alexandra führte sein Münchner Büro fort. Emanuela von Branca war mehrere Jahre lang als Diözesanbaumeisterin von Paderborn tätig. Zahlreiche Sakralbauten und seine eigene Religiosität haben auch das Werk Alexander von Brancas stark geprägt. Der Sohn einer Malerin und eines Diplomaten saß während der NS-Zeit als Soldat in Gestapo-Haft, weil er sich regimekritisch geäußert hatte. Der Glaube habe ihm in dieser Zeit viel Kraft gegeben, sagte von Branca später. Er konvertierte vom Protestantismus zum Katholizismus. Bereits am Anfang seiner Karriere als Architekt schuf er die erste Kirche Münchens, die vollständig als Stahlbetonbau ausgeführt wurde, die Herz-Jesu-Klosterkirche (1953 bis 1955). Ihren Altarblock entwarf Fritz Koenig. Danach baute von Branca noch 28 weitere Kirchen.

Alexander von Branca. (Foto: Frank Mächler/dpa)

Auch bei der Neuen Pinakothek, die als sein Hauptwerk gilt, lassen sich Bezüge zum Sakralbau erkennen. Von außen tritt das Gebäude dem Besucher mächtig, gewissermaßen als feste Burg entgegen, im Inneren dagegen prägt sie doch eine Leichtigkeit, die durch die Innenhöfe, besonders aber von der Lichtarchitektur gegeben ist. Die Fenster selbst, mit ihren auffallenden Ornamenten und Rundbögen haben etwas Kathedralenhaftes.

Alexandra von Branca sagt über die Intention ihres Vaters: "Er wollte mit seinen Werken im Menschen einen Widerhall erzeugen, der auf das Eigentliche hinweist, so wie in der Musik etwa Noten und Akkorde die Basis, die Werkzeuge sind. Für ein Musikstück, das den Menschen im Innersten anrührt, ist verkürzt gesagt die künstlerische Schaffenskraft ausschlaggebend. Deshalb band er auch schon in den Fünfzigerjahren regionale, damals noch unbekannte Künstler wie Fritz König oder Heinrich Kirchner ein, um ein Gesamtkunstwerk zu schaffen."

Von Branca, der mit seiner an Spiritualität und Schönheit orientierten Ästhetik zeitweise auf herbe Kritik durch Vertreter einer puristischen Moderne stieß, war auch ein begnadeter Aquarellist. Der breiten Masse sind aber andere Arbeiten von ihm geläufig, sie prägen schlicht ihren Alltag. Etwa beim Warten auf die U-Bahn am Marienplatz. Diesen Bahnhof mit seinen kräftig orangen Wandpaneelen hat er ebenso gestaltet wie den in elegant Schwarz-Weiß gehaltenen U-Bahnhof am Prinzregentenplatz und den zur Oktoberfestzeit extrem frequentierten an der Theresienwiese. International wirkte er vor allem durch seine Bauten für die deutschen Botschaften in Madrid und in Rom. Dass ihn mit italienischer Baukunst auch aufgrund familiärer Wurzeln vieles verband, lässt schon sein Name ahnen. In seinen späteren Jahren hat sich Alexander von Branca mit der entsprechenden Leidenschaft und taktisch klug als Heimatpfleger verdient gemacht.

© SZ vom 12.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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