Zusammengenäht aus Stoffresten, detailreich bemalt, in Karton geritzt, aus Holz, Lehm oder Pappmaschee modelliert. Klein oder überlebensgroß, am Stab, als Handpuppe, Schattenspiel: Das arabische Puppentheater an sich ist kaum zu charakterisieren, so unterschiedlich ist es in seinen Formen. Mahmoud Al-Hourani liebt diese Kunst genau dafür. Er war viele Jahre als Puppenspieler und -lehrer in Palästina unterwegs und weiß, dass die Kunstform auch bedroht ist. "Es fehlte ein Schirm", sagt er, "etwas, das sich schützend über das Puppentheater legt und die verschiedenen Künstler miteinander verbindet." Deshalb gründete er 2008 mit Kommilitonen aus Tunesien, Palästina, dem Irak und Ägypten die Arab Puppet Theatre Foundation.
Die Stiftung hat zum Ziel, die Vielfalt des arabischen Puppentheaters zu bewahren, auf einer neuen Webseite sind ihre Sammlungen jetzt der Öffentlichkeit zugänglich. Nach ihrer Gründung realisierte die Arab Puppet Foundation zunächst Künstler-Residenzen in Libanon, Tunesien und Palästina. Das digitale Museum einzurichten sei der nächste logische Schritt, sagt Al-Hourani. Zu sehen sind etwa Puppen, Herstellungswerkzeuge, Film- und Tonaufnahmen von Aufführungen. Man kann Theatergruppen aus verschiedenen Ländern finden, die sich auf der Seite auch verbinden können.
Theater und Puppen wurden zerstört, Künstler wurden politisch verfolgt
Zu den ältesten Quellen über die Ursprünge des Puppentheaters und der Schattenspiele zählt das indische Epos Mahabharata aus dem vierten Jahrhundert vor Christus. Von Indien gelangte das Schattenspiel nach Südostasien, im elften Jahrhundert nach Ägypten. Die Puppenspieler schnitten einst Figuren aus Tierhäuten, Papier oder Stoff aus, deren Schatten sie mit dem Licht einer Öllampe gegen einen weißen Vorhang warfen.
Mitte des 20. bis Anfang des 21. Jahrhunderts blühte die Kunstform in vielen arabischen Ländern: Puppenspieler performten in Cafés und auf Märkten, kritisierten Politiker, brachten Menschen zusammen. Berühmt ist die ägyptische Marionettenoperette "al-Leila el-Kebira" von 1961, die von Feierlichkeiten zum Geburtstag des Propheten Muhammad erzählt. "Das Puppentheater war alles in einem: Zeitung, Fernsehen und Theater", sagt Al-Hourani, "es verknüpfte politische und private Themen in Geschichten."
Politische und wirtschaftliche Umbrüche, Repressionen gegen Künstler etwa im Sudan oder in Iran haben das Puppentheater dann nahezu verschwinden lassen. Theater und Puppen wurden zerstört, Künstler wurden politisch verfolgt oder flüchteten ins Ausland. Aktuell gewinne die Kunstform jedoch wieder an Bedeutung und Aufmerksamkeit, sagt Al-Hourani. Im Gegensatz zu anderen Medien werden Puppentheater zwar in der Regel nicht staatlich subventioniert, sind deshalb aber auch unabhängiger. Unterhalb des Radars der Regierung fangen sie wieder an, politische Kunst zu machen. Er will dazu beitragen, dass das möglich bleibt.