Anleitung zum Nachbauen:Hotel Lageso

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Der Berliner Architekt Van Bo Le-Mentzel hat eine mobile Notunterkunft entworfen. Winzig, aber komfortabler als das, was viele Flüchtlinge erdulden: das Hotel Lageso.

Von Laura Weißmüller

Bei dem Wort "Hotel" denkt man an ein Gebäude, in dessen Lobby man freundlich empfangen wird und wo man zumindest eine warme Dusche nehmen kann. Im Hotel Lageso geht das nicht. In dem 80 Zentimeter breiten und zwei Meter langen Holzhäuschen auf Rädern ist für mehr als eine Matratze, drei Kleiderhaken und eine Kochplatte kein Platz. Der Name steht für alles, was falsch läuft in der deutschen Flüchtlingspolitik: Lageso ist das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales. Nachts campen die Flüchtlinge vor der Behörde. Wenn es hell wird, stehen sie zu Hunderten an, um sich registrieren zu lassen. Im Inneren herrscht Chaos. Am Mittwoch ist der heftig kritisierte Chef des Amts, Franz Allert, zurückgetreten.

"Der Name soll etwas in unseren Köpfen auslösen", sagt Van Bo Le-Mentzel. Der Berliner Designer und Architekt hat das Minihaus entworfen, das nachts vor der Behörde stehen soll. Den ersten 250 Euro teuren Prototyp zimmerte er mit Flüchtlingen vor dem Lageso, bis ihn das Ordnungsamt vertrieb. Jetzt parkt das Häuschen auf dem Gelände eines Flüchtlingsheims. Die Bauanleitung zeichnete der 38-Jährige so, dass sie jeder verstehen und nachbauen kann. Es soll viele Hotels Lageso geben. "Wer es geschafft hat, seine Heimat zu verlassen und lebend übers Mittelmeer zu kommen, gehört zu den Stärksten der Gesellschaft. So muss man die Flüchtlinge auch behandeln, und nicht als Opfer," sagt Le-Mentzel, der 1979 selbst als Flüchtling aus Laos nach Deutschland gekommen ist. Die Erfahrung prägt seine Arbeit.

Das Hotel Lageso ist Schutzraum für die Wartenden und öffentliches Kunstwerk zum Nachbauen - wie die "Hartz IV Möbel", die ihn 2010 bekannt gemacht haben. "In der Wohnungsfrage stecken alle Fragen des Kapitalismus. Wenn wir sie neu aufrollen, können wir die ganze Gesellschaft verändern." Deshalb hat Van Bo Le-Mentzel kürzlich auch die "TU Kreuzberg" gegründet, die "Tinyhouse University Kreuzberg". Dort will er mit den Flüchtlingen herausfinden, wie die Wohnung der Zukunft aussehen kann. Denn von den Flüchtlingen, so ist er überzeugt, können wir viel lernen. Mut zum Beispiel. Und Schnelligkeit.

© SZ vom 12.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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