Wohneigentum:Der Staat treibt die Preise

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Warum haben die Deutschen im Vergleich zu ihren europäischen Nachbarn seltener ein eigenes Zuhause? Ein Leser sieht die Ursache auch in der Rolle des Staates, der Immobilienkäufern hohe Steuern auferlegt. Aber nicht allen - für Großinvestoren gibt es einen Trick.

" Mehr als eine Nebensache" vom 17. August:

Zu Recht kritisiert Elisabeth Dostert die horrenden Nebenkosten beim Kauf einer Immobilie in Deutschland. Allerdings wäre wohl jeder Käufer froh, wenn sich diese Kosten denn tatsächlich nur - wie sie anmerkt - "auf mehrere Tausend Euro belaufen". In Wahrheit belaufen sie sich auf mehrere Zehntausend Euro, insbesondere in den vielen Bundesländern, welche die Grunderwerbsteuer auf bis zu 6,5 Prozent des Kaufpreises drastisch erhöht haben. Dieselben Politiker, die dafür die Verantwortung tragen, werden gleichzeitig jedoch nicht müde, die Bevölkerung zum Kauf von Wohneigentum als wichtige Säule der Altersvorsorge aufzurufen - wohlwissend, dass sich das immer weniger Menschen, insbesondere junge Familien, noch leisten können, und zwar vielfach selbst dann nicht, wenn ihre Einkünfte weit über dem Durchschnittseinkommen liegen. Erwirbt dagegen ein Großinvestor eine Immobilie für zum Beispiel eine knappe halbe Milliarde Euro (wie den Eurotower in Frankfurt) zahlt dieser keinen Cent Grunderwerbsteuer - dank eines Steuerschlupfloches, der sogenannten Share Deals.

Das Problem ist lange bekannt und wird auch von der Politik seit Langem beklagt - geschehen ist einmal mehr nichts. Ein schlichtes Verbot dieser Praxis wäre eine Leichtigkeit - eigentlich.

Ein Blick zu unseren Nachbarn zeigt, dass es anders geht: Dänemark, die Niederlande, Großbritannien und viele andere Länder langen nicht so dreist zu, sondern haben moderate Steuersätze, zum Teil flankiert von Freibeträgen, und ermöglichen somit einem viel größeren Teil der Bevölkerung den Traum vom Eigenheim. Auch verdienen sich die Notare in diesen Ländern für eine simple Standarddienstleistung nicht wie ihre deutschen Kollegen eine goldene Nase. Es widerspricht doch schon dem gesunden Menschenverstand, Notargebühren (und auch die Kosten für den Grundbucheintrag) von der Höhe des Kaufpreises abhängig zu machen, denn schließlich erhöht sich der Aufwand für Notar und Grundbuchamt durch einen höheren Preis einer Immobilie in keiner Weise. Hier wäre ein Festbetrag wie in den Niederlanden die ebenso einfache wie richtige Lösung.

Man stelle sich einmal vor, man übertrüge dieses absurde Prinzip auf die Medizin: Welch ein Sturm der Entrüstung bräche wohl in diesem Lande los, wenn sich die in Rechnung gestellten Kosten für eine Operation in Zukunft am Vermögen des Patienten zu orientieren hätten?

Detlef Senst, Wunstorf

© SZ vom 07.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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