Weiterer Brief:Klimaziele und Realität

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Es werden immer mehr Autos gekauft, doch mehr Konsum passt nicht zur Forderung, das Klima zu verbessern. Die Parteien drückten sich jedoch vor einschneidenden Maßnahmen, bemängelt ein SZ-Leser.

Klimaziele und Realität

Zu "Autos, Autos, Autos" vom 16. Dezember:

Der Artikel weist auf den Widerspruch zwischen Realität (es werden immer mehr Autos gekauft) und Anspruch (Erreichung der Klimaziele) hin, aber er geht leider nicht so weit, Konsequenzen zu fordern. Dabei ist vollkommen klar, dass die Erreichung der Klimaziele kein "Spaziergang" werden wird, sondern einschneidende Maßnahmen erfordert, vor denen sich momentan (da unpopulär) alle Parteien drücken: Maßnahmen wie Citymaut, Neuzulassung eines Autos nur bei gleichzeitiger Abmeldung eines alten, Zufahrtsbeschränkungen, Rückbau von Straßen etc.

Aber es ist wie beim "Ich will duschen, aber bitte nicht nass werden": Das Ziel ist einigermaßen klar, die offensichtlichen Maßnahmen werden als nicht praktikabel beziehungsweise nicht zumutbar verworfen; zur Erreichung des Zieles müssen leider etliche Wunder geschehen, denn solche werden erforderlich sein, wenn man nicht zu einschränkenden Maßnahmen greift.

Ich frage mich, wie lange das Märchen von der Erreichung der Klimaziele durch mehr (aber grüneren) Konsum noch erzählt wird; geglaubt wird es eh nicht, eher fungiert es als Beruhigungspille, wieso man selbst nichts zu tun und nur abzuwarten braucht. (Nur da wartet jeder auf die beziehungsweise den andere(n)). Da (fast) niemand Konsequenzen zieht, wird man vermutlich weiterhin zusehen können, wie der Anspruch ständig mit den Realitäten kollidiert, seien es fehlende Ressourcen, der fehlende Strom für die E-Autos, das Fortschreiten der Klimakatastrophe mit ständig neuen Ereignissen, etc.

Und irgendwann werden die Menschen nicht mehr gefragt werden, ob sie etwas wollen oder ob sie es nicht wollen, die Umstände werden ein Handeln erzwingen - und dies wird dann alternativlos sein. Doch aus Angst vor der eigenen Entscheidung wartet man lieber darauf, dass man nichts mehr zu entscheiden braucht oder auch entscheiden kann.

Erich Würth, München

© SZ vom 07.01.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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