Weitere Briefe:Zum ,,Fehlalarm"-Buch

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Ein Faktencheck zum Bestseller "Corona-Fehlalarm" hat einige Reaktionen hervorgerufen. Manche halten die Einschätzungen darin für treffend und in der öffentlichen Debatte für unterdrückt, andere stören sich an der Polemik.

Zu " Fehlschlüsse im Bestseller" vom 14. September:

Man kann ja ein Buch verreißen mit Faktenchecks. Aber dann sollte man nicht schon im Vorspann von "polemisch, anklagendem Grundton" von "enervierend" etc. schreiben, und dass der Autor von Verschwörern interviewt wurde. Den Rest braucht man dann nämlich gar nicht lesen, es ist sowieso schon das Urteil gefallen.

Felix Schleicher, München

Der "Faktencheck", der das Buch "Corona-Fehlalarm" auseinandernimmt, ist notwendig. Allerdings hält man Argumentationen dieser Art zu viel zugute, wenn man sie als "Fehlschlüsse" bezeichnet. Denn hier haben ja nicht Leute in dem Bemühen, Fakten wissenschaftlich zu erklären, ein paar Fehler gemacht, an deren Korrektur dann zuallererst ihnen selber gelegen wäre; sondern sie haben von einem vorgefassten Standpunkt aus Fakten zusammengeklaubt (oder zurechtgebogen ), die den eigenen Standpunkt belegen sollen. Das leitende Interesse beim "Corona-Fehlalarm" ist kein Geheimnis: Den Autoren passen die Corona-Schutzmaßnahmen nicht, also suchen sie die Gründe dafür zu widerlegen.

Matthias Günther, Hamburg

Ich hätte mir einen fundierteren Faktencheck des Bestsellers von Sucharit Bhakardi und dessen Ehefrau Karina Reiss erwartet. Es beginnt damit, dass moniert wird, die Autoren würden nur einzelne Studien zitieren und wichtige neuere wissenschaftliche Arbeiten nicht erwähnen. Welche wissenschaftlichen Arbeiten die Auffassungen der Autoren falsifizieren bleibt offen. Da es sich bei den Viren allesamt um Coronaviren handelt, ist an sich naheliegend, dass zwischen ihnen viele Ähnlichkeiten, aber auch graduelle Unterschiede bestehen.

Bezüglich der Infektionssterblichkeit - so heißt es im Faktencheck reichlich schwammig - gehen die meisten Forscher bei Covid von 0,5 bis einem Prozent aus, was angesichts der Dunkelziffer nur wenig wissenschaftliche Aussagekraft hat.

Wenn ohne Angabe einer Quelle ausgeführt wird, dass an Grippe jährlich 5 bis 20 Prozent der Bevölkerung erkranken und für Corona ohne Begründung bei fehlenden Gegenmaßnahmen 50 bis 60 Prozent angenommen wird, wofür der Ort Bergamo als Beispiel angegeben wird, so ist dies irreführend.

Bezüglich des Nutzens von Masken wird vom Faktencheck ausgeführt, dass der Nutzen höher oder niedriger als geglaubt sein könnte, eine wissenschaftlich inhaltsleere Aussage, mit der sich die Auffassung der Autoren meines Erachtens nicht falsifizieren lässt.

Die These der Autoren, dass der Lockdown überflüssig war, wird mit dem Argument begegnet, dass sich Experten darin einig seien, dass der Lockdown in vielen europäischen Ländern Tausende Todesfälle verhindert hat. In diesem Zusammenhang sei auf eine Aussage des Gesundheitsministers Jens Spahn vom 02.09.2020 hingewiesen, dass im Lichte neuerer Erkenntnisse der Lockdown vom 16. März in diesem Umfang nicht notwendig war.

Daher könnte sich in Zukunft noch herausstellen, dass die von publikumswirksamen öffentlichen Diskussionen weitgehend abgeschnittenen Autoren des Bestsellers mit ihren Thesen näher an der Wahrheit sind als die regierungsamtlichen Verlautbarungen, die von vielen Medien kritiklos übernommen werden. Es bleibt abzuwarten, ob die von der Vorsitzenden der SPD als Covidioten bezeichneten, friedlich gegen nicht verhältnismäßige Einschränkungen der Corona Maßnahmen Protestierenden nicht gute Gründe für ihre Proteste hatten.

Dr. Heiko Barske, Seefeld

© SZ vom 16.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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