Weitere Briefe:Vom Töten und Streiken

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Bei Morden wie im Fall Lübcke von ,,Hinrichtung" zu sprechen, gebe der Tötung den Beigeschmack des Legitimen, warnt ein Leser. Ein Schreiber reklamiert, mehr Argumente der Arbeitnehmer zu bringen bei Streikberichten.

Wortwahl bei Tötungsdelikten

Zu " Blutige Methode" und " Die braune RAF", beide vom 18. Juni: Immer wieder fällt mir bei Presseberichten über politisch motivierte Morde auf, dass von "regelrechter Hinrichtung" die Rede ist. Ich halte diese Wortwahl für sehr bedenklich. Eine Hinrichtung ist die äußerste Form von Staatsgewalt und damit letztlich legitim, wenn sie auch gegen die allgemeinen Menschenrechte verstößt. Im Kriegsgeschehen werden Hinrichtungen von Vorgesetzten befohlen und werden damit legitimiert.

Bei der Verwendung der Wortwahl "Lübcke wurde regelgerecht hingerichtet" entsteht bei mir sofort die Assoziation, dass das Opfer nach den Regeln einer Hinrichtung getötet würde. Es schwingt also eine Art von Legitimierung im Begriff nach, die Sie ja keinesfalls so meinen. Was Sie damit benennen wollen, ist ein kaltblütig geplanter und ausgeführter Mord, und das versteht der typische SZ-Leser auch genau so.

Aber bedenken Sie bitte, dass heimliche Sympathisanten, die einen Mord vielleicht für das falsche Mittel halten, die Motivation des Mörders aber sehr wohl verstehen, diese schreckliche Tat für "irgendwie" legitimiert halten könnten. Der harte rechtsterroristische Kern wird den Begriff "regelrechte Hinrichtung", denke ich, mit Stolz selber verwenden, und eine solche Steilvorlage sollte die SZ denen nicht liefern.

Auch die Begriffe "liquidieren", "Liquidation" halte ich immer noch für eher unangemessen, da es sich hierbei um Tötung aus politischen Gründen handelt, also eine doch irgendwie begründete Tötung. Die Taten geschehen heimtückisch, gegenüber einem wehrlosen Opfer, aus niederen Beweggründen, nämlich dass der Täter im Augenblick der Tat absolute Macht über das Opfer ausübt und seinen Hass befriedigt. Es handelt sich also um Mord, man sollte es nicht anders nennen.

Wim Müller, Köln

Aus Sicht der Streikenden

Zu "Streik im Nutella-Werk" vom 5. Juni: Bei Artikeln über Streikmaßnahmen fällt mir auf, dass auf die Gründe für den Streik und die Forderungen der Gewerkschaften oft nur ganz kurz hingewiesen wird. In der Meldung zum Nutella-Werk fehlt die Information ganz. Auch bei Meldungen aus anderen Branchen wird in der Regel mehr über das Unternehmen und über Auswirkungen des Streiks auf die Konsumenten berichtet als über die Positionen der Streikenden. Nicht nur als Gewerkschaftsmitglied würde es ich mich freuen, wenn die Position der Arbeitnehmer stärker Berücksichtigung fände.

Andreas Adel, Hamburg

© SZ vom 26.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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