Weitere Briefe:Jagd nach einem Phantom

Eine Bonpflicht für Kassen bringe wenig im Kampf gegen Steuerhinterziehung, schreibt ein Leser. Man setze falsche Prioritäten, eine solche Regelung verbessere nicht die Ahndung großer Betrugsfälle.

Jagd nach einem Phantom

Zu " Bitte nicht einknicken" vom 17. Dezember: Von einer Leberkässemmel, die der Kunde in einer Metzgerei verzehrt, erhält der Staat 19 Prozent Mehrwertsteuer. Verzehrt er sie auf der Straße, beträgt die Umsatzsteuer nur sieben Prozent. Auf der Ladenkasse gibt es dafür zwei Tasten. Oft wird der Kunde deshalb gefragt, wo er verzehren wird. Und jeder Kunde, der einen Bon haben will, bekommt ihn. Mit der Bonpflicht könnte nun jeder Kunde prüfen, ob Umsatz- und natürlich auch Ertragssteuern auch abgeführt werden. Die logische Erweiterung der Vorschrift wäre die Bonaufbewahrungspflicht für den Kunden. Schließlich wäre der Online-Datenzugriff des Leberkäs-Kunden auf die Buchführung des Metzgers eine denkbare Steigerung. Aber vielleicht wird auch vorher das Bargeld abgeschafft? Wenn erst mal alles digital ist, ist alles kontrollierbar.

Ich wünsche mir einen starken Staat, der die Einhaltung des Rechts sichert. Dieser starke Staat soll auch die Steuerpflichten kontrollieren. Er soll kriminelle Umsatzsteuer-Karusselle stoppen und die Steuervermeidung durch weltweites Hin- und Herschieben von Einnahmen unterbinden. Er soll diese großen Herausforderungen lösen, statt Kleinstprobleme aufzublasen. Er soll keinen Phantomen hinterherjagen. Es ist eine kindlich-naive Idee, dass Steuerhinterziehung und Schwarzgeld dort sind, wo eine Leberkässemmel über die Theke gereicht wird. Gerade in kleinen und handwerklichen Betrieben werden viel mehr Steuern verschenkt als hinterzogen. Mit der Bonpflicht jagt der Staat ein Phantom. In seinem Übereifer wird er uns die Freiheit nehmen, mit Bargeld zu bezahlen. Schluss damit!

Fritz Gempel, Fürth

© SZ vom 24.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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