Umweltprämie:Dreckiger Tausch

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Statt alte Diesel nachzubessern, zahlt VW eine Prämie an die Fahrer, die ihr Auto verschrotten lassen. Ein Leser nennt es bezahltes Wegwerfen. VW sagt, das nütze der Umwelt. Ein Leser findet, von VW bezahlte Bustickets nützten mehr.

"Schrott-Prämie" vom 9. August:

Prämie fürs Abschnallen

Anstatt für Prämien zum Umtausch Alt gegen Neu, wäre ich für eine kostenlose Jahreskarte für alle öffentlichen Verkehrsmittel bei freiwilligem Verzicht auf ein eigenes Auto. Und für jedes Jahr des Verzichts gibt's eine neue Karte. Umweltfreundlicher geht's doch gar nicht. Das Ganze würde ich von der Automobilindustrie finanzieren lassen, dann wäre endlich Schluss mit diesen dauernden Schummeleien und künstlichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Die Arbeitsplätze, die auf der einen Seite verloren gingen, würden auf der anderen dazugewonnen. Im Übrigen: In Wien kostet ein Jahresticket 365 Euro und gilt für alle öffentlichen Verkehrsmittel in der Stadt und der Umgebung. Davon könnten wir uns eine Scheibe abschneiden. Aber leider regieren bei uns die Lobbyisten.

Wolfgang Mück, Gnotzheim

Alt statt Neu

Immer wieder ist es völlig unerklärlich, warum sich alle Welt wetteifernd an winzigen Verbesserungen des Schadstoffausstoßes berauscht, der kleinsten Stellschraube im Zusammenwirken der Umweltschäden durch das Auto. Schon lange ist bekannt, dass im Blick auf den Gesamtschaden allein durch die Produktion eines neuen Autos zirka 75 Prozent, durch die Herstellung der automobilen Infrastruktur zehn Prozent und durch den Betrieb des Autos nur etwa 15 Prozent der Umweltschäden verursacht werden. Und in diesem 15-Prozent-Segment basteln wir an kleinen, teuren, wirkungsarmen, marginalen Verbesserungen herum und verkaufen es den Menschen als tief greifend und notwendig. Ist es nicht. Wirklich durchgreifend wäre es, den Verlockungen und Prämien der Automobilindustrie zu widerstehen und sich eben nicht alle paar Jahre ein neues Auto und zugleich ein beruhigtes Gewissen zu kaufen, sondern das "alte" Auto länger zu nutzen. Doch das ist natürlich nicht im Sinne von Politik, Wirtschaft und Automobilindustrie. Ist die seinerzeitige "Abwrackprämie" schon vergessen? Ist schon vergessen, dass diese in Wahrheit auch keine Umweltprämie, sondern eine Konsumprämie war? Und wie steht es in Wahrheit um die Segnungen der E-Mobilität? Werden sich nicht der unglaubliche Bedarf an Rohstoffen für die Batterietechnik, der Ressourcenverbrauch, die sozialen Verwerfungen in den Rohstoffländern, die Beseitigung der ökologischen Schäden, ganz dramatisch vergrößern? Das alles wird öffentlich verschwiegen.

Joachim Neuss, Gelsenkirchen

Niemals sauber

Es gab einmal eine Fernsehserie mit dem Namen "Nepper, Schlepper, Bauernfänger". In dieser Sendung wurde vor Betrügern und deren Tricks gewarnt. Und zu dieser Sendung passt die Umstiegsprämie. Wenn schon der ADAC vom Kauf neuer Dieselautos bis auf Weiteres abrät, dann sollte die Umstiegsprämie Autofahrer nicht dazu verleiten, einen dreckigen Euro-6-Diesel mit seinem viel zu kleinen Harnstofftank zu kaufen. "Wer sich heute für einen Euro-6-Diesel entscheidet, kauft die Katze im Sack", kommentierte Institutsleiter Ferdinand Dudenhöffer die Testergebnisse des Automotive Research Center der Universität Duisburg-Essen. Es stellt sich sowieso die Frage, ob der Diesel jemals sauber zu bekommen ist? Woran erkennt man, dass ein Diesel-Auto eine Dreckschleuder ist? Nicht am Auspuff, sondern an den vorgeschriebenen Grenzwerten. Verkehrsbedingte Stickoxid-Emissionen sind in den vergangenen 25 Jahren in Deutschland um siebzig Prozent zurückgegangen. Doch noch schneller als die Schadstoffe sanken die maximal erlaubten Verschmutzungsmengen, weshalb der Ingenieur säubern kann, wie und was er will: Sein Diesel bleibt immer eine Dreckschleuder, sollte der technische Fortschritt noch so überwältigend sein. Und ob der von der Bundesregierung weichgespülte Standard Euro-6D kurzfristig Abhilfe schaffen wird, ist bei der Kungelei mit den Autobauern und deren Tricks mehr als zweifelhaft. Wie viel ist uns unsere Gesundheit wert? 2 000 bis 10 000 Euro je Dreckschleuder.

Peter Mühlberger, München

Für dumm verkauft

Verkehrsminister Dobrinth gibt sich zuversichtlich, dass die beim Dieselgipfel beschlossenen Maßnahmen für Euro-5- und 6-Diesel ausreichen, um in den Städten bald bessere Luft zu haben. Knapp die Hälfte der 5,3 Millionen Dieselautos wurden im Rahmen der VW-Rückrufaktion bereits mit dem Software-Update behandelt. Die Luft wurde nicht besser. Die Rest-Autos sollen es nun bringen, bis Mitte Oktober, fordert Herr Seehofer. Super. Dann ist die Bundestagswahl vorbei. Politiker und Autobosse halten die Wähler für dumm. Da erdreistet sich VW-Chef Müller zu sagen, dass ihm die Arbeitskraft seiner Ingenieure zu schade ist, um die alten Diesel, in betrügerischer Absicht gebaut, nachzubessern. Die Politik schaut zu. Mit den Umwelt-Rabatt-Aktionen der Autofirmen für einen Alt-gegen-Neu-Tausch geht es nicht um die Umwelt, sondern ums Verkaufen, um den Profit. Eine Schrott-Prämie. Es ist ein Skandal ohnegleichen.

Axel Bock, München

© SZ vom 31.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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