Trotz Anhebung nach Corona:Sage keiner, diese Rente sei Luxus

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Die These, Ruheständler seien Gewinner der Pandemie, stößt weithin auf Ablehnung. SZ-Leserinnen und -Leser warnen vor einer Spaltung der Gesellschaft und vor Altersarmut. Und sie haben andere Vorschläge, wenn es darum geht, die Folgen der Pandemie zu finanzieren.

SZ-Zeichnung: Michael Holtschulte (Foto: Michael Holtschulte)

Zu "Gewinner der Pandemie" vom 11. Mai:

Respektlose These

Rentner als Gewinner der Pandemie zu bezeichnen und von Privilegien der Rentner zu sprechen, ist respektlos und zeigt totales Nichtwissen. Im Durchschnitt bezieht die Mehrheit der Rentnerinnen 850 Euro, die Mehrheit der Rentner knapp 1000 Euro Rente im Monat (statistische Werte aus dem Jahr 2020). Diese Beträge haben sich auch in der Pandemie nicht großartig geändert. Was sind da schon fünf Euro mehr.

Die Altersversorgung muss nicht "gekippt" werden, sondern deutlich verbessert, damit alle alten Menschen von ihren Renten leben können und nicht zusätzlichen Tätigkeiten nachgehen müssen. Vernünftig wäre eine komplette Abschaffung des bisherigen Rentensystems und die Einführung eines Grundeinkommens für alle Bürger von Geburt an bis zum Lebensende. Deshalb muss die zukünftige Regierung endlich eine längst überfällige Steuerreform durchführen. Hohe Einkommen müssen deutlich stärker besteuert werden, Vermögen muss wieder besteuert werden, Börsengeschäfte dürfen nicht steuerfrei bleiben und Betriebe müssen für bestimmte Automationsvorgänge (KI) auch steuerlich belastet werden.

Hans-Hermann Lüdorf, Kirchheim-Heimstetten

Spaltende Debatte

Es geht offensichtlich um die finanzielle Spaltung der Gesellschaft. Und es ist in, auf die Rentner loszugehen. Eingeschlossen diejenigen, deren Rente nicht mal das Existenzminimum deckt. Von den Beamten verlangt man trotz des sicheren Jobs höchstens eine geringere Lohnerhöhung - die beitragsfrei auf die Pensionen durchschlägt, und auch von den jüngeren, steuerzahlenden Arbeitnehmern finanziert wird. Vermögende, ich nehme an, wirklich Vermögende, sollten eine nicht näher definierte Corona-Abgabe zahlen. Wie wäre es, den Super-Vermögenden die Steuersparmodelle zu reduzieren? Dies würde den oben genannten Arbeitnehmern indirekt auch zugute kommen.

"Wegen neuer Berechnungen lohnt es sich, bei den Rentnern zu verweilen." Informieren Sie mich über diese "neuen Berechnungen". Nach den Neuerungen der Agenda 2010 bin ich als doppelbesteuerte Rentnerin da sehr voreingenommen. Ich glaube eher, dass man sich an die lautstarken, gut in den Entscheidungsfunktionen vernetzten Beamten sowie an die ebenso positionierten Vermögenden nicht rantraut. Anstatt sich um die Fehlkonstruktion der umlagefinanzierten Rente zu kümmern, also an die Ursachen zu gehen, greift man sich zum Sparen öffentlichkeitswirksam die Rentner, die der schwächste Gegner sind.

Irgendeine Ausrede für das sichere Finanzchaos muss ja sein, und Ablenkung ist nie schlecht.

Edeltraud Gebert, Gröbenzell

Wer bezahlt die Erhöhung?

Ja, Beamte und Rentner gehören zu den Gewinnern der Pandemie. Ich freue mich, dass das in diesem Artikel mal deutlich ausgesprochen wurde. Und auch, dass in der Folge der Pandemie die Entwicklung der Löhne wieder zum Vorteil der Rentner gerät, ist ärgerlich. Überlegt hier überhaupt noch jemand, wie das Geld für die Renten erwirtschaftet wird? Warum wird nicht generell in der momentanen Situation über einen Lastenausgleich diskutiert. Als Rentner fände ich das nur fair.

Irmtraud Dunger-Kaltenbach, München

Gestiegene Lebensmittelpreise

Es stimmt, dass wir Rentner 2021 keine Rentenerhöhung erhalten. Es stimmt aber auch, dass die Lebensmittelpreise 2021 gestiegen sind. Die Binsenweisheit, dass immer weniger Arbeitnehmer mehr Rentner finanzieren müssen, ist schon seit circa 1965 bekannt. Und: Hat die Politik in all den Jahren sinnvoll reagiert? Was für eine Rentenreform meinen Sie? Es hat nie eine sinnvolle gegeben. Obwohl Überlegungen seit 40 Jahren angestellt wurden. Übrigens mir ist völlig wurscht, ob ich zur Rente noch Sozialhilfe beantrage oder nicht. Da ich Zeitmillionär bin kann ich mir auch eine zusätzliche Antragstellung leisten. Und intellektuell krieg ich das auch in ein paar Jahren noch hin.

Sabine Geiger, Halle

"Gewinner" sind Andere

Rentner- und Beamtenbashing geht anscheinend immer. Nur damit ich das richtig verstehe: Wenn also Rentner mit ihren oftmals nur wenigen hundert Euro (meine Mutter mit 88 Jahren bekommt nach einem langen Arbeitsleben circa 600 Euro pro Monat) nun in der Pandemie das "Glück" haben, 2,5 Prozent "zu viel" Erhöhung, also etwa 15 Euro im Monat zu viel zu bekommen - nein: zu "kassieren" -, dann dürfen wir die als "Gewinner der Pandemie" bezeichnen? Sie damit auf die gleiche Stufe stellen, wie den Online-Handel, Impfstoffspekulanten und die Maskenprofiteure, bei denen es schon mal um bis zu 30 Millionen Euro ging? Da muss ich mich aber wirklich sehr verquer anstrengen, um solchen Gedanken zu folgen!

Natürlich müssen und dürfen wir eine Diskussion über Pandemiegewinner führen, aber ist einer, der durch die Pandemie keine wesentlichen finanziellen Verluste erlitten hat, so wie Rentner, Pensionäre, Beamte (natürlich!), Zeitungsschreiber (natürlich auch!), Ärzte, Krankenpfleger schon ein Gewinnler? Brauchen wir jetzt nicht erst einmal weiter sehr viel Solidarität in der Gesellschaft, statt völlig unnötiger Polarisierung und Spaltung? Bitte bleiben wir auf dem Boden!

Dr. Horst Häußinger, Gauting

Unfaire Polarisierung

Muss man die Schwachen gegeneinander aufbringen? Der Wirtschaft geht es so gut, dass Boni- und Dividendenzahlungen möglich sind. Da gibt es wirkliche Gewinner. Die Quants und wie sie alle heißen, halten sich vornehm zurück. Es ist wohl einfacher, Rentnern ein paar Prozente zu neiden und Beamten ihre Sicherheit vorzuwerfen, die sie in guten Zeiten mit geringeren Löhnen als in der Wirtschaft bezahlen.

Heidrun Hübner, München

Generationenvertrag

Sie scheinen auch nur näheren Kontakt zu privilegierten Rentnern zu haben, die sozusagen "dumm und dämlich" jeden Monat Rente von der Solidargemeinschaft Staat ziehen. Empfinden Sie denn zum Beispiel eine Rentenerhöhung von 20 Euro bei einer Rente von tausend Euro neidauslösend? Auch Rentner müssen sich ernähren, und die Pandemie hat nicht gerade dazu beigetragen, dass Lebenshaltungskosten rückläufig wären. Welche "Geschenke an die Senioren" in welcher Absurdität ärgern Sie denn nun eigentlich genau?

Sie übersehen, dass eine Vielzahl dieser Altersruhegeldempfänger ab ihrem 14. Lebensjahr gearbeitet und somit in die Rentenkassen einbezahlt haben. Vom 14. bis zum 65. Lebensjahr ist es eine lange und verdienstvolle Zeit im Hinblick darauf, dass Kinder überhaupt gezeugt und aufgezogen wurden, Häuser gebaut, Vermögen und Rücklagen entstanden sind. Und das alles in dem Gedanken: "Die Kinder sollen es mal besser haben." Hat ja auch weitgehend geklappt. Nun sind halt eben diese bestens ausgebildeten und erbberechtigten Kinder dran, sich auch zu beteiligen. Abitur, Studium, unter Umständen Zweitstudium, Elternzeit, reduzierte Arbeitszeit ermöglichen schon mal gar nicht, so lange in die Solidaritätsgemeinschaft einzubezahlen.

Mit welcher unreflektierten Motivation beklagen Sie sich eigentlich und fordern eine Reform?

Ute Dingelmaier, Diedorf

© SZ vom 05.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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