Toll Collect:14 verplemperte Jahre

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Jahrelang stritten der Bund und die Toll Collect GmbH. Ein Leser stellt hier daher die Schiedsgerichte infrage.

Toll Collect Säule bei Kirchseeon. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

" Absurdes Theater" vom 18. Mai:

Der Kommentar zum Ende des Mautstreits zwischen dem Bund und der Toll Collect GmbH beziehungsweise ihren Hauptgesellschaftern über entgangene Milliardeneinnahmen verdient uneingeschränkt Zustimmung. Zwar wirkt die Presseerklärung des Bundesverkehrsministeriums wie eine Erlösung, dass es Minister Andreas Scheuer gelungen sei, in dem seit 14 Jahren laufenden Verfahren eine Einigung zu erzielen. Aber es besteht doch vor allem Anlass für Zweifel, ob das gewählte Verfahren vor einem privaten Schiedsgericht, das allein den Bund etwa 245 Millionen Euro, insbesondere für seine anwaltliche Vertretung, gekostet haben soll, hier der richtige Weg war.

Richtig ist, dass der 2002 geschlossene Mautvertrag eine Schiedsklausel vorgesehen hat. Aber warum hat sich der Bund auf eine solche Schiedsklausel eingelassen, anstatt auf die Zuständigkeit staatlicher Gerichte zu setzen? Streitigkeiten in einem so brisanten, öffentlichkeitswirksamen Verfahren durch ein nicht-öffentlich arbeitendes privates Ad-hoc-Schiedsgericht klären zu lassen, erscheint nicht sachorientiert. Und das häufig zu hörende Argument, private Schiedsgerichtsverfahren seien schneller und preiswerter, ist spätestens durch das Mautschiedsverfahren widerlegt. Dafür, dass jedenfalls der Bund in Zukunft von Schiedsklauseln Abstand nehmen sollte, spricht nicht zuletzt, dass die staatlichen Gerichte inzwischen erheblich an Leistungsstärke gewonnen haben und zum Beispiel Mediationen durch geschulte Richterinnen und Richter anbieten.

Ein oft genannter Vorzug der Entscheidung für eine Schiedsklausel ist auch, dass die Schiedsrichterbank von den Parteien mit - im Hinblick auf den Streitgegenstand - besonders fachkundigen Richterinnen und Richtern besetzt werden kann. Wenn aber ein Verfahren erst nach sage und schreibe 14 Jahren beendet wird, muss die Frage erlaubt sein, ob die zuständigen drei Schiedsrichter nicht mit diesem Verfahren hoffnungslos überfordert waren.

Eine Überraschung ist schließlich, dass es der Verkehrsminister selbst gewesen sei, der den Fall zur Chefsache erklärt und einen Vergleich mit Toll Collect ausgehandelt habe. Das Schiedsgericht müsse den nur bestätigen. Und warum das erst nach 14 Jahren?

Prof. Joachim von Bargen, Freiburg

© SZ vom 07.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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