Tierschutz:Ein Sport, der das Sterben einkalkuliert

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Die Leserbriefschreiber sind sich zu Pferderennen einig: Es kann nicht sein, dass Peitschenhiebe und Medikationen legal möglich sind, um Tiere zu Höchstleistung anzuspornen. Anlass waren zwei Todesfälle bei einer Rennwoche in Hamburg.

Sport oder Quälerei? Pferderennen in Hamburg. Ein Vergnügen für die Zuschauer, wohl weniger für die Tiere. (Foto: dpa)

Zu " Tödlicher Galopp durch den See" vom 10. Juli:

Sterben für Milliardengeschäfte

Pferde werden gequält und geschunden bis zum Tode. Entweder sie sterben auf der Rennbahn oder landen im Schlachthaus, sobald ihre Leistung nachlässt. Wer findet das gut? Doch nur Menschen, die unmittelbar oder mittelbar an diesem Milliardengeschäft beteiligt sind. Es gibt überhaupt keine Rechtfertigung für die Grausamkeiten, die diesen armen Tieren angetan werden. Wir alle sind dafür verantwortlich, dass es aufhört.

Susanne Schneider, Tübingen

Leid bei der "Leistungsprüfung"

Obwohl Tierschützer, bilde ich mir ein, klar denken zu können. Insofern halte ich die Ankündigung des Präsidenten des Hamburger Renn-Clubs, Peta gegebenenfalls anzuzeigen, weil die Kritik an den tierquälerischen Rennen "bewusst etwas kriminalisiert", für lächerlich, abenteuerlich und absurd: Seit wann ist aktiver Tierschutz, also das Eintreten für Lebensrechte von Tieren, kriminell? Der eigentliche Skandal liegt darin, dass die mörderischen Pferderennen als "Leistungsprüfungen" nach dem Tierzuchtgesetz gelten und sich sogar auf einen "staatlichen Auftrag" berufen (können).

Ich lebe an der Grenze zum Großherzogtum Luxemburg. Dort gibt es nicht nur strikte Restriktionen bei der Jagd, sondern auch ein Tierschutzgesetz, dass Tiere aus ihrem Status als Objekt herausholt und zu schützenswerten Lebewesen erklärt. Dort gibt es aber eine Regierung, die sich nicht scheut, sich mit blökenden Lobbyisten anzulegen.

Dr. Lothar Zepp, Bitburg/Eifel

Weiter mit blutender Lunge

Stell dir vor, du wirst bis zur völligen Erschöpfung mit der Peitsche angetrieben: Deine Beine versuchen mit letzter Kraft, das eigene Körpergewicht zu stemmen; deine blutenden Lungen können nicht genug Luft einsaugen, aber trotzdem musst du immer weiterrennen. So schlimm ergeht es "Rennpferden", denen Trainer regelmäßig Medikamente verabreichen, die die Schmerzen der Tiere kaschieren und ihre Leistung steigern sollen. Seit 2015 sind auf deutschen Rennbahnen 48 Pferde getötet worden. Allein 2019 bereits acht Pferde. Die Dunkelziffer der "Ausfälle" beim Training liegt höher, da diese nicht in die Zählung einfließen. Pferderennen sind eine Qual für die Tiere, sie werden gnadenlos ausgebeutet.

Waltraud Seeger, Augsburg

Geringe Lebenserwartung

Als passionierte Freizeitreiterin seit meiner Jugend habe ich schon viele falsch gerittene und kranke Pferde gesehen, die von sogenannten Profis des Reitsports ausgemustert werden und dann in die Hände von Freizeitreitern gelangen. Die meisten Pferde werden zu früh angeritten und verschleißen körperlich extrem schnell. Durchschnittliches Alter eines Reitpferdes bis zum Tod sind etwa acht Jahre - es gilt eine Lebenserwartung von mehr als 20 Jahren, wenn alles richtig läuft.

Die Profis sind beheimatet im Springsport, Dressursport, Western-Reiten und in vielen anderen Reitdisziplinen. Den schlimmsten Verschleiß an Pferden hat die Traber- und Galopperszene. Das Leid der "Pferdebabys", ab 1,5 Jahren trainiert zu werden, bei noch viel zu weichem Skelettknochen, die geraubte Kindheit und Jugend auf der Koppel und vieles mehr verursachen resigniertes Kopfschütteln. Es ist wichtig, dass es Tierschutzorganisationen gibt, die das öffentlich machen und informieren, wie es unseren Mittieren dabei geht.

Maria del Mar Herlt, Parkstein

Stress und Tierquälerei

Pferderennen sind eine abscheuliche Tierquälerei. Pferde sind Fluchttiere, die bei den Rennen gezwungen werden, Risiken einzugehen, die sie freiwillig niemals eingehen würden. Für hohe Preisgelder nimmt die skrupellose Branche Lungenblutungen, Aortenrisse, Knochenbrüche, Magengeschwüre und sogar den Tod eines Tieres billigend in Kauf. Die fragwürdigen und gewaltdominierten Dressurmethoden und die Haltung in Einzelboxen macht die Sache für die sozialen und sensiblen Tiere sicher nicht besser. Für "Renn-"Pferde besteht das Leben von frühester Kindheit an bis zu ihrem Tod fast nur aus physischem und psychischem Stress. Pferde und andere Tiere sind nicht dazu da, dass sie Menschen unterhalten oder wir sie ausbeuten! In einer (ethisch) korrekten Welt wären Pferderennen längst verboten und verpönt. Jörg Gaiser, Baiersbronn

Tiere als "Sportgeräte"

Keinem Pferd macht es "Spaß", an einem solchen Rennen teilzunehmen. Nein, sie werden gezwungen. Ein Pferd ist im Wettkampfgeschäft ein "Sportgerät", das möglichst viel Geld eingaloppieren muss. Rücksicht wird dort nicht auf seine Gesundheit und sein Wohlbefinden genommen.

Eine ähnliche Situation herrscht ja bei den menschlichen Athleten - mit einem großen Unterschied: Sie können sich artikulieren und sich letztendlich verweigern, Nein sagen. Ein Tier kann das nicht. Ich verstehe das Verständnis für Betreiber von Rennbahnen und Pferde-"Sport"-Aktivisten nicht.

Bettina Goldemann, Darmstadt

Psychoterror mit der Peitsche

Der Gebrauch der Peitsche ist eine tierquälerische Maßnahme, mit der dem Pferd ohne vernünftigen Grund Schmerzen zugefügt werden. Gerade Pferde haben eine hochsensible Haut: Schon einzelne Insektenstiche können beim Pferd zu panischen Abwehrreaktionen führen. Bei dem in solchen Rennen zu beobachtenden Gebrauch der Peitsche kann also keinesfalls von einer "Berührungshilfe" gesprochen werden, wie es Verbände behaupten. Neben dem körperlichen Schmerz erzeugt die Peitsche auch noch so etwas wie "Psychoterror". So leiden Rennpferde häufig unter einer Art "Rennbahnneurose", also unter Angst, Schreckhaftigkeit, Panikattacken.

Dagmar Anders, Chemnitz

© SZ vom 23.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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