SZ Werkstatt:Was in die Restaurant-Tipps gehört

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SZ-Gastroreporter Franz Kotteder über verständliche und wundersame Wünsche der Leserinnen und Leser an die Gastro-Rubriken der SZ.

Ich verfolge SZ-Berichte über Restaurants und Lokale in München, die ich dann gerne ausprobieren würde. Nun sitze ich im Rollstuhl. Könnte die SZ einen Hinweis anfügen, ob man Lokale barrierefrei erreichen kann?

C. Kunze

Jede Form journalistischer Kritik hat das Problem, nie alle Leser zufriedenstellen zu können. Meistens liegt das am notgedrungen subjektiven Gehalt. Manchmal aber geht es auch um Dinge, die weniger mit der eigentlichen Kritik zu tun haben, sondern mehr mit Servicefragen: Wo ist das? Wie kommt man hin? Was kostet das? Manche Leser wollen wissen, in welchem Stadtteil das Lokal liegt. Einen haben wir, der beschwert sich, dass die Kolumne "Kostprobe" größer als ein DIN-A-4-Blatt ist - er sammelt die Restaurantkritiken und ärgert sich, wenn sie nicht in seinen Ordner passen.

Franz Kotteder ist Gastroreporter im Lokalteil und betreut unter anderem die Restaurantkolumne "Kostprobe". (Foto: Privat)

Manche Wünsche würden wir liebend gerne erfüllen. So wie auch die Anregung, in der Kritik zu vermerken, ob ein Lokal für Rollstuhlfahrer geeignet ist. Warum wir das nur selten tun, liegt nicht an der Selbstherrlichkeit der Kritiker, die sich zu fein dafür sind, solche Aspekte in ihren gefinkelten Text über die hehre Kunst des Kulinarischen aufzunehmen. Es liegt schlicht daran, dass sich das nicht immer so eindeutig sagen lässt. Und, zugegeben, auch an der oft fehlenden Sensibilität von nicht Betroffenen. Selbst Menschen mit viel gutem Willen haben nicht die Erfahrungen gemacht, die Rollstuhlfahrer tagtäglich machen müssen. Und so stellen auch wir Restaurantkritiker vielleicht fest, dass das Restaurant komplett eben und stufenlos ist. Denken aber gar nicht daran, dass die Toiletten im ersten Stock oder im Keller sind und es keinen Lift gibt. Das ist in vielen Lokalen der Fall. Oder es gibt ebenerdige Toiletten, aber die sind nicht rollstuhlgerecht ausgebaut. Es kann auch sein, dass der Gastraum einer Wirtschaft nur über einen Vorraum mit zwei Stufen erreichbar zu sein scheint. Dafür gibt es dann aber einen Nebeneingang auf gleicher Ebene, durch den man auch mit Rollstuhl oder Rollator problemlos ins Lokal gelangt. Noch komplizierter wird die Sache im Sommer, wenn Restaurants, die sonst für Rollstuhlfahrer nicht erreichbar sind, ihre Aktivitäten in den problemlos befahrbaren Wirtsgarten verlagern.

Es wäre aber schade, wenn jemand auf den Besuch eines guten Lokals verzichten würde, obwohl es ihm bei schönem Wetter durchaus möglich wäre. Und was für einen Rollstuhlfahrer, der alleine unterwegs ist, nicht mehr geht, ist für den mit einer Begleitperson womöglich keine große Sache. Wo soll man die Grenze ziehen? Deshalb empfehlen wir, vor dem Besuch des Restaurants dort anzurufen und nachzufragen. Selbst weiß man am besten, was einem noch zuzumuten ist. fjk

(Foto: N/A)
© SZ vom 20.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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