Steingärten:Zierrasen versus Schotter

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Grasloses kommt immer mehr in Mode - obwohl doch die Blumenwiese im Sinne der Bienen opportun wäre. Aber wie so oft, ist auch der eigene Vorgarten Geschmackssache. Leser berichten auch, wie sie wegen unordentlicher Wiesen gegängelt werden.

Zu "Gärten des Grauens" vom 13./14. Juli:

Japanische Zen-Gärten gelten als pflegeleicht und sind auch bei uns Mode. Doch viele können sich mit den graslosen Flächen nicht anfreunden. (Foto: imago/Westend61)

Bürgerlicher Befreiungsakt

Man muss mit der Zeit gehen. Beim Anblick von öden Wüsten mit klobigen Schottersteinen mag zwar die Seele verkümmern. Doch der Naturliebhaber, Freund des Schönen und Liebevollen hat sich bisweilen auch zurückzunehmen. Klar: Artenvielfalt von Insekten und Pflanzen kommt hier etwas kurz. Aber soll der Hausbesitzer den Nachbarn und Sonntagsspaziergängern immer was fürs Auge bieten? Hat er nicht ein Recht darauf, sich das Unkrautjäten zu ersparen? Also eine Art bürgerlicher Befreiungsakt im wuchernden Gestrüpp nachbarschaftlicher Pflichten?

Anstatt die Hauseigentümer zur Gestaltung eines Naturgartens verpflichten zu wollen, sollte man mehr auf Trends achten. In einigen Bundesländern werden, so hört man, Schulklassen an Projekttagen damit beschäftigt, die faustdicken Schottersteine in Vorgarten-Wüsten anzumalen. Wie Eier zur Osterzeit. Mit Wasserfarben, versteht sich. So muss eine lebendige, aber für Natur-Entrümpler aufdringliche Farbigkeit nicht ewig dauern. Schnell wird der Regen die übertünchte Nüchternheit der Steinlandschaft ins Seelenlose zurückverwandeln.

Manchmal ist es für den smarten Anhänger pragmatischer Schotter-Ökonomie zum Haareraufen, da verschmutzende Ablagerungen zwischen den Steinen Nährboden für neues Wachstum bilden und erste Samen Fuß fassen. Vertriebene Bienen und Schmetterlinge drohen, ihr Blütenplätzchen zurückzuerobern. Ist da etwa guter Rat teuer?

Ulrich Schreiber, Detmold

Wohnen in Betontrudering

Ihr Bericht über die grauen Gärten entspricht meiner Meinung, ist aber für mich nur die Hälfte der Misere. Sie wenden sich an die Privatleute und vergessen die Stadt. Ich wohne in dem Teil, der mal "Waldtrudering" genannt wurde, wir haben ihn umbenannt in "Betontrudering". Zu meinem Entsetzen wird seit Längerem schon wieder erlaubt, die Garagen ebenerdig zu setzen. Es muss mir nicht erklärt werden, dass dieser Bezirk teuer ist und die Garagen es nochmals verteuern. Aber diese Investition ist immer noch besser, als eines Tages Hochwasser zu haben, weil kein Wasser mehr in den Grund einsickern kann, und neue Abflüsse werden auch nicht gebaut.

Ich soll mich an die Stadt wenden? Verlorene Zeit. Ich habe übrigens einen vogel-, insekten- und igelgerechten Garten, mit Hecken und Bäumen.

Anne Hammerschmidt, München

Schön und hässlich

Sie werfen geschotterte Fläche mit versiegelten Flächen durcheinander: Versiegelt ist ein Asphalt oder Plattenbelag ohne große Fugen - Schotter ist eine Versickerungsfläche. Eine Kiesfläche mit extensiven Moosen ist so grundwasseraktiv wie eine dünne Humusschicht. Das sind Grundlagen, die der Autor hätten wissen müssen.

Dann hantieren Sie mit dem Begriff des "Schönen", der unbrauchbar ist, denn er entsteht im Auge des Betrachters. Eine ungepflegte Grünfläche kann hässlicher sein als eine gepflegte Schotterfläche. Schlimm begrünte Vorgärten wird es deutlich mehr geben als schlimm angelegte Steinflächen. Das hat das Niveau einer Gartenzwergdiskussion? Dann unterliegen Sie dem Irrtum, dass "Stadt" in irgendeiner Weise "natürlicher" sein könnte - Sie plädieren ernsthaft für ein bisschen schwanger?

Eine richtig angelegte Schotterfläche benötigt wesentlich weniger Pflegeaufwand als eine gepflegte Grünfläche. Die Betriebskosten liegen bei etwa eins zu zehn. Schotterflächen um Gebäude haben eine wichtige Drainagefunktion (Gebäudeschutz) und stellen einen passiven Einbruchschutz (Lärm) dar.

Wir können uns sicher schnell darauf einigen, dass viele Stein- und Grünflächen ohne jeden Verstand angelegt werden. Das ist nicht immer "schön", und auch Fachleute machen vieles falsch. Dummheit und Ignoranz ist immer ärgerlich. Das trifft aber auch für Texte zu, die Grundlage für dumme Vorschriften werden.

Benjamin Schubert, Hamburg

Kinder-Granitlandschaft

Am Theodor-Heuss-Ring in Neuperlach steht ein Kindergarten, der bis zum vorigen Jahr einen Garten mit Spielgeräten hatte. Hatte! Seit ungefähr Februar wurde alles herausgerissen, dann wurden ganze Ladungen Granitsteine abgeladen. Von Monat zu Monat verwandelt sich der Kindergarten in eine Art Granitlandschaft. Steinkreise aus Granit wurden angelegt, dann in der Mitte ein Baum gepflanzt und Fertigrasen ausgelegt. Der nächste Abschnitt wurde eine Granitfläche, auf der anderen Seite eine Steintreppe flankiert von Quadern. Die Kinder müssen währenddessen auf einen anderen Spielplatz ausweichen.

Minnefried Luise Steinbichler, München

© SZ vom 24.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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