Pflege:Was sich ändern muss

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Immer nur billig soll es sein, das gilt für die Pflege in Deutschland wie für Pflegekräfte. Alles nur ein Geschäft. Aber wollen wir wirklich so pflegen und auch gepflegt werden?

"Wie auf dem Basar" vom 24./ 25. März, "Sprachrohr und Prellbock" vom 17./18. März und "300000 Euro sind drin" vom 9. März:

Endlich ein Paradigmenwechsel

Im Artikel "Sprachrohr und Prellbock" von Michaela Schwinn wird die Reaktion der Teilnehmenden beim Deutschen Pflegetag auf die Nominierung von Andreas Westerfellhaus zum Pflegebeauftragten mit den Worten beschrieben, die Menge johlt, klatscht stehend. Als Teil dieser johlenden Menge fühle ich mich persönlich beleidigt. Bei mir assoziieren die Wörter johlende Menge einen Pulk von dummen Individuen, die auf plumpen Populismus laut und unreflektiert reagieren. Die beschriebene Menge bestand aus einigen Tausend Pflegekräften aus der gesamten Bundesrepublik, die nach der Ankündigung eines Paradigmenwechsels mit frenetischem Applaus reagierten. Bisher wurde die Stelle des Pflege- bevollmächtigten von Politikern ausgefüllt. Erstmals wird eine Persönlichkeit aus der Pflege für die Pflege Ansprechperson bei der Regierung werden. Dies ist großartig und einen ganz beson- deren Applaus wert. Elke Philipp, Altenpflegerin, Unterleinleiter

Hauptsache billig

Über die Bezüge der Krankenkassenchefs heißt es: "Andererseits müssen Vorstandsgehälter so ausreichend sein, dass sich damit qualifiziertes Personal gewinnen lässt." Diese Aussage verhöhnt das gesamte Pflegepersonal auf perfide Weise, und es zeigt auch die eindeutige Haltung der Krankenkassen. Wir haben sehr gut ausgebildete und hoch qualifizierte Pflegekräfte. Jedoch der kräftezehrende Schichtdienst, das häufige "Einspringen", weil schlicht zu wenig Personal vorhanden ist, und die eben nicht adäquate Bezahlung hindert viele dieser gut ausgebildeten Pflegekräfte daran, in diesem Beruf zu arbeiten. Es ist eine Missachtung dem Beruf gegenüber, die zum Himmel schreit. Alles zielt darauf ab, "billige" Pflegekräfte aus dem Ausland zu holen, um weiterhin so wirtschaften und ausreichende Vorstandsgehälter gewährleisten zu können. Seit 1988 spricht man vom "Pflegenotstand" - was hat sich seitdem geändert? Karin Böhm, Waldkraiburg

Zeit für eine Diskussion

Sie haben es geschafft, sachlich und fundiert das Kernproblem der Pflege in Deutschland darzustellen: Pflege ist ein Geschäft, die Pflegewirtschaft ist eine wichtige Säule der deutschen Wirtschaft. Eine Frage ist für mich als Bürgerin und Angehörige von zentraler Bedeutung: "Warum ist es so, wie es ist?" Meine Erklärung nach 20-jähriger Begleitung meiner demenzkranken Mutter und weiterem über zehnjährigen Engagement zu Pflegethemen ist: Bei Einführung der Pflegeversicherung wurde die Pflege der freien Pflegewirtschaft überlassen. Angebot und Nachfrage sollten die Qualität regeln. Versicherungsunternehmen (Kassen) wurden im Rahmen der Selbstverwaltung mit hoheitlichen Versorgungsaufgaben betraut. Damit haben sich Staat und Politik der Fürsorgepflicht gegenüber den Pflegebedürftigen und den sie Pflegenden entledigt. Vielleicht ist es an der Zeit für eine gesellschaftliche Diskussion unter dem Motto: "Wie wollen WIR pflegen und gepflegt werden"? Brigitte Bührlen, Vorsitzende WIR! Stiftung pflegender Angehöriger, München

© SZ vom 03.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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