Pflege:In Würde sterben lassen

Lesezeit: 2 min

Kristiana Ludwigs Artikel "Gefesselt an die Maschine" über den dubiosen Einsatz von Beatmungsgeräten hat Leser aufgeschreckt. Eine rät nicht nur zu einer wasserdichten Patientenverfügung, sondern hofft auch auf ihre Angehörigen.

Selbständig bleiben, solange es geht. Doch was ist, wenn man bettlägerig wird? Szene aus einem Altenheim in Köln. (Foto: Oliver Berg/dpa)

" Gefesselt an die Maschine" vom 5./6. Januar:

Verlängertes Siechtum

Wenn ich gesundheitlich so angeschlagen bin und nicht mehr selbst in der Lage, zu atmen oder zu entscheiden, was mit mir geschehen soll, warum darf ich dann nicht in Ruhe und Würde sterben? Ich und wohl auch etliche andere Menschen haben keine Angst vor dem Tod an sich, sondern davor, dass man im Ernstfall (insbesondere als Privatpatient) in solche mafiose Krankenhaus- oder Pflegedienstmühlen geraten könnte, wie Kristiana Ludwig es in ihrem aufschlussreichen, beängstigenden Bericht geschildert hat. Dadurch wird doch nur das Elend und Siechtum künstlich verlängert. Ich möchte kein künstlich gezüchteter Pflegefall werden und so dazu beitragen, dass unser Gesundheitssystem ruiniert wird.

Daher ist es besonders wichtig, dass man neben einer juristisch wasserdichten Patientenverfügung auch den nahen Verwandten oder Freunden mitteilt, dass man im Ernstfall weder einen Luftröhrenschnitt noch eine künstliche Ernährung wünscht, also keine lebensverlängernden Maßnahmen.

Gertrud Winter, München

Markt contra Gesundheit

"Große Finanzinvestoren haben deutsche Intensivpatienten entdeckt", heißt es in dem bemerkenswerten Artikel "Gefesselt an die Maschine" von Kristiana Ludwig. Letztendlich lässt sich das Problem aber auch anders zusammenfassen: Optimale gesundheitliche Versorgung und Marktbedingungen stehen in einem grundsätzlichen Widerspruch. Trotz der Privatisierungswellen der vergangenen Jahrzehnte gibt es noch immer einen Konsens darüber, dass gewisse Bereiche elementarer Daseinsvorsorge unter staatlicher Kontrolle bleiben sollten. Und wo könnte man mit größerem Recht dafür plädieren als bei der Gesundheit? Dass Markt und (gesundheitliche) Verbraucherinteressen sich nicht vertragen, zeigen zum Beispiel die Skandale in der Automobil- oder der Lebensmittelindustrie.

Nun hat die Privatisierung längst auch das Gesundheitswesen erfasst, die Politik will es so. Und eine breite öffentliche Diskussion zu diesem Thema findet nicht statt. Dabei hat es die angebliche Kostenexplosion nie gegeben, mit der die Privatisierung begründet wird. Der Anteil der Gesundheitskosten am Bruttoinlandsprodukt bewegt sich seit vielen Jahren mit nur geringen Schwankungen leicht oberhalb von zehn Prozent. Trotzdem gibt es natürlich Profiteure der Privatisierung, zum Beispiel die im Artikel genannten Finanzinvestoren, denen hier ein neuer Markt eröffnet wurde. Dass sich der Fokus des Handelns in den Kliniken immer stärker verschiebt, ist logische Folge und kann dort täglich beobachtet werden. Ein Bekannter berichtete jüngst von einem befreundeten Chefarzt in einem Klinikum, der ein großes Interesse daran habe, am Jahresende gewisse Finanzziele zu erreichen. Er erhalte dann einen Bonus von 250 000 Euro.

Volker Eckert, Essen

Kontinuierliche Überprüfung

Die in Ihrem Artikel geschilderten Fälle zeigen ganz klar, wie wichtig die bundesweite Einführung von Pflegeberufekammern ist. Nur wenn in einer Berufsordnung berufliche und ethische Pflichten sowie die Fort- und Weiterbildung geregelt sind und dies kontinuierlich von den Kammern überprüft wird, kann professionelle und für die Patienten sichere Pflege gelingen. So kann zum Beispiel festgehalten werden, dass Pflegefachkräfte nur mit einer Zusatzqualifikation intensivpflegebedürftige Menschen versorgen dürfen.

Die Überprüfung der Qualifikation der Mitarbeiter von Intensivpflegediensten und Beatmungs-WGs muss verpflichtend sein. Kriminellen Banden, die unqualifizierte, häufig osteuropäische und kaum deutsch sprechende "Pflegekräfte" nach Deutschland einschleusen, könnte so ein Riegel vorgeschoben werden. Fehlt Fachpersonal, so ist dieses einzustellen, oder der Betrieb kann nicht fortgeführt werden. Denn unter den Umständen ist es dann wirklich besser, gar nicht zu pflegen, als falsch zu pflegen.

Sascha Rakers, München

© SZ vom 22.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: