NS-Juristen Palandt und Schönfelder:Belastendes auf dem Buchdeckel

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Höchste Zeit, dass Juristinnen und Juristen mal auf Distanz gehen zu den lange branchenüblichen Nazi-Altlasten, finden einige Leser. Sie freuen sich, dass Bayerns Justizminister dazu eine Untersuchung gestartet hat.

Bayerns Justizminister lässt prüfen, ob juristische Standard-Kommentare weiterhin die Namen von Nazi-Juristen tragen müssen. (Foto: Sonja Marzoner)

"Justizminister will Nazi-Namen tilgen" vom 10. Mai:

Unselige Kontinuitäten

Ihre Berichterstattung über den Verlag C. H. Beck und die dort weiterhin verteidigten "Nazi-Markennamen" Palandt und Schönfelder für juristische Fachliteratur habe ich mit großem Interesse gelesen. Ich begrüße die Initiative des bayerischen Justizministers, mit der Beauftragung eines Gutachtens weiteren wissenschaftlich begründeten Druck für eine Umbenennung auszuüben.

Ein Aspekt fehlte mir jedoch, den ich anhand meines Forschungsgebiets - des Steuerrechts im Nationalsozialismus - schildern möchte: Die Mehrzahl juristischer Kommentare werden in Deutschland heute zwar vom Beck-Verlag verlegt, jeder Kommentar hat jedoch individuelle Herausgeber und Autoren. In meinem Fachgebiet sind die Herausgeber fast immer Richter des Bundesfinanzhofes in München, des höchsten Gerichtes für Steuern und Zölle in Deutschland.

Würden sich diese Richter für einen anderen Namen dieser Werke aussprechen, gäbe es heutzutage weder den "Blümich" noch den "Boruttau", zwei Standardwerke des Einkommen- beziehungsweise des Grunderwerbsteuerrechts. Walter Blümich und Ernst Paul Boruttau leiteten beide während der NS-Zeit ein Referat im Reichsfinanzministerium, das neben der SS Hauptakteur der Verfolgung und Vernichtung der jüdischen Deutschen war. Blümich verantwortete neben Sondersteuern für Polen und "Zigeuner" die Abschaffung des Ehegattensplittings und des Kinderfreibetrags für Juden. Boruttau unterstützte die "Judenvermögensabgabe", die alle jüdischen Deutschen um ein Viertel ihres Vermögens beraubte und als "Sühne" der Reichspogromnacht erhoben wurde. Natürlich waren beide auch NSDAP-Mitglieder.

Es braucht leider viele Mitwirkende, um mehr als 75 Jahre nach Kriegsende mit Namen schwer belasteter Juristen des Nationalsozialismus reihenweise rechtswissenschaftliche Standardwerke zu verkaufen. Dazu gehören auch die Herausgeber und Autoren all dieser Werke.

Prof. Dr. Regine Buchheim, Berlin

Später Klärungsversuch

Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich will über Gutachten die Namen von Verfassern von Jura-Standardwerken tilgen. Warum erst jetzt? Soll von den derzeitigen Problemen der CSU abgelenkt werden? Ist man eventuell im Justizministerium nicht ausgelastet? Wenn ja, dann wäre doch Zeit für eine umfangreiche Aufklärung der Maskendeals.

Stefan Herb, Roding

Nazi-Namen endlich tilgen

Vielen Dank für diesen Artikel. Auch mir war dieser Hintergrund - gerade bei Schönfelder und Palandt - nicht bewusst. Am Schönfelder kommt man als Student nicht vorbei, spätestens dann, wenn er im Examen als einziges Hilfsmittel zugelassen ist.

Den Palandt muss ich als Anwalt nicht kaufen. Der Beck-Verlag mag der Platzhirsch sein, aber auch andere Verlage führen schon lange vergleichbare Werke, und Rechtsprechungsdatenbanken sind oft schneller als der ohnehin für Sehgeschwächte nur mit der Lupe zu lesende Palandt. Beim Schönfelder ist das Umgehen schwieriger, dürfte aber mit alternativen Werken auch machbar sein, mit passender EDV ohnehin. Wir Juristen haben es doch selbst in der Hand, dafür zu sorgen, dass beim Beck-Verlag die Nazi- Namen verschwinden. Wenn der Absatz wegen der Namensführung zurückgeht, kommen Alternativen ganz schnell. Ich kaufe jedenfalls keinen Palandt mehr, solange der so heißt. Und den Schönfelder habe ich dank Internet schon lange nur noch antiquarisch.

Eberhard Kunz, Wiesbaden

© SZ vom 02.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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