Nebengeschäfte:Von Gier und fehlender Verantwortung

Lesezeit: 3 min

Die in den letzten Wochen bekannt gewordenen Deals von Politikern empören viele Leser.

Parteifreunde: Alfred Sauter (re.) und Horst Seehofer. Der ehemalige bayerische Landtagsabgeordnete Sauter ist wegen fragwürdiger Geschäfte zur Beschaffung von Schnelltests und Masken von seinen Ämtern zurückgetreten. Für Bundesinnenminister Seehofer hat er Treffen mit Wirtschaftsgrößen organisiert. (Foto: dpa)

Zu " Seehofers Tafelrunde" vom 10./ 11. April, " Lukrative Doppelrolle" vom 3. April, " Parlamentarier unter Verdacht" vom 31. März sowie zu " Verdienstorden und Provisionen" vom 22. März:

Im dezenten Hinterzimmer bei Nobelgastronom Käfer tagte mehrmals eine illustre Tafelrunde von Industriellen, Managern und sonstigen "Geldigen" mit MP Seehofer und dem Leiter der CSU-Finanzkommission, Sauter, um Spenden für die Partei und Vorteile für eine Münchner Anwaltskanzlei zu generieren. Ans Tageslicht kam dies im Zuge der Maskenaffäre um den Abgeordneten und Anwalt Sauter, der die Runde für den damaligen MP Seehofer organisierte. Dass dies ausgerechnet jetzt öffentlich wurde, wo Sauter wegen der Maskenaffäre am Pranger steht, kann kein Zufall sein. Aus diesem Grund steht zu befürchten, dass es in der CSU-Spitze genügend Leute gibt, denen Sauter noch schaden kann, wenn er weiter aus dem Nähkästchen plaudert und gewisse Dinge öffentlich macht.

Man sollte deshalb keine allzu große Hoffnung dareinsetzen, dass es Sauter und anderen an den Kragen geht, und schon gar nicht, dass im Amigo-Sumpf der CSU nachhaltig aufgeräumt wird. Der Aufklärungswille in der CSU wird merklich abflauen, wenn ein wenig Gras über die Sache gewachsen ist und keine strafrechtlich relevanten Tatbestände festgestellt werden. Ein eilig verfasster, neuer (wirkungsloser) Ehrenkodex wird ein Übriges tun, damit die Nüßleins, Gauweilers und Sauters in der CSU bald wieder fröhliche Urständ feiern.

Josef Geier, Eging am See

Horst Seehofer, hochrangiger Politiker der CDU/CSU-Fraktion, trifft sich unter anderem mit einem Immobilienmagnaten, der Teil des politischen und privaten Netzwerkes des Abgeordneten Sauter ist, der das vom Souverän verliehene Amt des Abgeordneten als Nebenjob beschreibt. Der Artikel macht deutlich, worauf das Hauptaugenmerk seines beruflichen Lebens gerichtet ist. Einige SZ-Seiten später erfährt man, dass vor allem im Osten viel weniger Sozialwohnungen gebaut wurden. Ein Schelm, der Böses dabei denkt, dass sich der Bundesbauminister Seehofer mit einem Immobilienmagnaten trifft, der - wie alle diese Gesellschaften - kein persönliches Interesse am Bau von Sozialwohnungen haben kann. Man könnte auf die Idee kommen, dass es - beispielhaft mit einem Schlaglicht versehen durch Seehofers Tafelrunde - in diesem Lande Netzwerke gibt, die eine massive Umverteilung nach oben massiv und ungebremst betreiben.

Und dann liest man im Bayernteil der SZ, dass auch noch die Nachkommenschaft Sauters profitiert und eine traumhafte Karriere hinlegt. Nur wenn man die Zusammenhänge zwischen diesen drei nur scheinbar unterschiedlichen Artikeln herstellt, erkennt man ein Muster aus Gier, Eigennutz und Ignoranz gegenüber den gravierenden Problemen in unserer Gesellschaft.

Conny Folger, München

Die sogenannte Beschaffungskriminalität war bislang im Drogenmilieu angesiedelt. Die lukrativen Geschäfte von Abgeordneten bei der Beschaffung von medizinischem Schutzmaterial durch staatliche Stellen zeigen jedoch, dass die anrüchige Tätigkeit der "Beschaffung" nicht länger dem Drogenbereich vorbehalten ist, sondern auch von gewählten Mandatsträgern ausgeübt wird. Die bislang ertappten Unionsabgeordneten Sauter (70), Nüßlein (51), Hauptmann (36) und Löbel (34) berufen sich darauf, dass ihre hoch dotierte Nebentätigkeit legal gewesen sei. Selbst wenn der Vorwurf der "Beschaffungskriminalität" juristisch ins Leere laufen sollte, der Tatbestand der "Beschaffungsbereicherung" ist meines Erachtens erfüllt. Ein Blick auf das Alter der vier Herren zeigt: Die Unionsparteien haben ein generationenübergreifendes Problem.

Roland Sommer, Diedorf

Es riecht stark nach Amigo, wenn unsaubere Nebenverdienste von Abgeordneten (Land- oder Bundestag) mit Geldstrafen geahndet werden. Hier müsste meines Erachtens zwingend immer zu einer Haftstrafe verurteilt werden. Es herrscht doch bloß großes Gelächter bei einer Strafe von 50 000 Euro, selbst 250 000 Euro Strafe werden noch teilweise belächelt. Aber eine vierwöchige Haft würde viele für die Zukunft nachdenklicher machen. Unseren gut besoldeten Abgeordneten dürften zudem keinerlei Nebentätigkeiten erlaubt sein.

Kurt Altmeyer, Kaufering

Es ist nichts Neues, wenn man von den Verstrickungen der bekannten Politiker, in die zuletzt aufgedeckten Affären bei der Beschaffung von FFP2-Masken, hört. Die anscheinend gängige Praxis der Nominierung von circa 30 Politikern pro Wahlperiode für Bundesverdienstorden, könnte man deshalb einfach als gegenseitige Vorteilsannahme und -gewährung abtun. Aber das davon ausgehende Signal ist fatal. Der Wert einer staatlichen Auszeichnung verliert inflationär an Wert und Wertschätzung einer dafür erbrachten Leistung, wenn er anscheinend nach Gutdünken auch an Herren wie Nüßlein und Sauter, letzteren, der das politische Amt als "Nebenjob" verunglimpft hat, verliehen wurde. Dass mit einer Anerkennung so lange gezögert und herumlaviert wird, scheint symptomatisch zu sein für das Handeln der Beteiligten in ihrem politischen "Club", ohne Verantwortung für und gegenüber dem Wahlvolk.

Oliver Schulze, Detmold

© SZ vom 16.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: