Merkel-Rückzug:Gemischte Gefühle

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Angela Merkels Ankündigung, sich vom CDU-Vorsitz zurückzuziehen, hat bei Lesern gespaltene Reaktionen hervorgerufen. Die Bundeskanzlerin gilt vielen als Fels in der Brandung, andere gehen kritischer mit ihr um.

Ende einer Ära: Noch-CDU-Chefin Angela Merkel. (Foto: Stefan Sauer/dpa)

" Sonderfall Kanzlerin" vom 3./4. November, " Danke, das war's" vom 30. Oktober und " Die Mächtige" vom 26. Oktober:

Man konnte ihr vertrauen

Ich möchte mich bei Susan Vahabzadeh ganz besonders bedanken für ihren glänzenden analytischen Bericht "Sonderfall Kanzlerin", weil diese "Häme" über Angela Merkel kaum zu ertragen ist. Welches Land hat so vertrauensvoll auf seine Führung blicken können in den letzten Jahren im Vergleich zu anderen Ländern?

Alice Schreckenbach, Vaterstetten

An Idealen orientieren

Angela Merkels Kanzlerschaft entsprach meist ihrem politischen Umfeld. Teils war sie auch besser. Höheren Ansprüchen wurde sie aber nicht gerecht. So wurde die soziale Spaltung national und international größer, und die Energiewende wurde zu einem Pflegefall. Sie könnte sich aber für den Rest ihrer Amtszeit mehr an Idealen orientieren, ohne die Angst, sich damit Feinde zu machen. Die Menschheit hat einen dringenden Bedarf dafür.

Hans Oette, Neuenstadt

Alles sehr edel

Angela Merkel ist mir die beste und die liebste Politikerin, und das sage ich, die ich noch nie CDU gewählt habe aus tiefstem Herzen! Dass sie geht, ist traurig, aber auch wie sie das tut, ist edel, so wie ihre ganze Handlungsweise. Ein Hoch auf Angela Merkel!

Dr. Annette Weber, Heusenstamm

AfD wäre uns erspart geblieben

Angela Merkel geht ein Jahr zu spät! Wie sich jetzt zeigt, wäre uns großer politischer Schaden unter anderem mit diesem rasanten Aufstieg der AfD erspart geblieben. Jamaika wäre nur eine schlechte Zwischenlösung gewesen, das hat FDP-Chef Christian Lindner richtig erkannt. Das klare Programm des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz für Europa, soziale Gerechtigkeit sowie Ökologie plus Ökonomie, kam bei den Bürgern an, wie sich anfangs zeigte. Er hätte es mit Rot-Grün-Rot konsequenter anpacken müssen. Aber jeder wusste es besser und knüppelte auf ihn ein. Schulz sollte sich damit trösten, dass Willy Brandt noch mehr Anläufe brauchte. Er sollte erneut versuchen, eine klare links-politische Alternative zu schmieden und die Grünen bei ihrem Wort nehmen, während es mit einer Merz-CDU und Lindners FDP zu einem Rechtsruck käme. In jedem Fall aber könnten sich die beiden Volksparteien CDU/CSU und SPD wieder mehr profilieren, was unserer Demokratie guttäte. Der Einwurf von Peer Steinbrück, die SPD bräuchte jetzt einen 30 Jahre jüngeren Bernie Sanders, ist lächerlich. Würde er sich lieber von einem 35-Jährigen am Herzen operieren oder durch ein schweres Gewitter fliegen lassen als von einem erfahrenen 60-Jährigen? Als käme es primär aufs Alter an!

Prof. Hans A. Bloss, Ettlingen

Am Stuhl gesägt

Angela Merkel zieht sich zurück. Etwas spät zwar, aber das ist gut so. Sie zeigt Charakter und Verantwortung. Sie hat meine volle Bewunderung. Was sie trotz der Widerstände für die Flüchtlinge getan hat, ist sehr gut. Der Heuchler Horst Seehofer "bedauert" ihren Rückzug. Er war es doch, der geifernd an ihrem Stuhl gesägt hat.

Arthur Ams, Prien

Und das als Frau!

In ihrem Artikel über Frauen und Macht mit dem Titel "Sonderfall Kanzlerin" schreibt Susan Vahabzadeh: "Alles, was man sich mit verkehrten Rollen nicht vorstellen kann, zeigt, wie unterschiedlich die Regeln für Frauen sind." Einer Frau, die sich benimmt wie Horst Seehofer, würde man Hysterie unterstellen und ihr nicht mal die Leitung eines Tennisklubs anvertrauen. Wohl wahr! Und darüber hinaus ein fruchtbarer Ansatz, um latenten Sexismus nicht nur in der Politik, sondern zum Beispiel auch im Männer-Journalismus aufzuspüren.

Anlässlich des Jubiläums 20 Jahre Kulturstaatsministerium veröffentlichte die SZ unter der Überschrift "Die Mächtige" eine Abrechnung von Jörg Häntzschel mit der derzeitigen Amtsinhaberin Monika Grütters. Schon bevor man die erste Zeile gelesen hat, fragt man sich: Wie würde die Überschrift wohl lauten, wenn die Staatsministerin für Kultur und Medien ein Staatsminister wäre und nicht Monika, sondern Markus hieße? "Der Mächtige" wohl kaum, denn dass ein männlicher Politiker Macht hat und möglichst noch mehr davon haben will, ist ungefähr so interessant wie die Nachricht, dass in der Wüste Sand gefunden wurde.

Sie gehe "ganz in ihrem Amt auf", kämpfe "entschlossen", habe sich "viel Macht" gesichert, verfüge über mehr Stellen als ihre Vorgänger, bemängelt der SZ-Feuilletonist. Keiner mache mehr Geld locker als sie, angeblich hat sie eine "Pyramide der Abhängigkeiten" installiert, außerdem kann sie offenbar gut reden.

So was aber auch: Entschlossenheit, Machtstreben, Eloquenz, Eitelkeit, Hardcore. Und das als Frau! Das musste jetzt echt mal von einem knallhart recherchierenden Journalisten aufgedeckt werden!

Christiane Röhrbein, Darmstadt

© SZ vom 13.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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