Maut-Affäre:Unverständnis für so viel Rückendeckung

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Verkehrsminister Scheuer gerät wegen der drohenden halben Milliarde an Schadenersatz-Forderungen von Maut-Betreibern immer stärker in die Enge. Viele Leser verstehen nicht, warum die Kanzlerin ihn in Schutz nimmt und sogar lobt.

Zu " Verschärfte Tonlage" vom 17. Januar, " Die 560-Millionen-Euro-Frage", 20. Dezember sowie " Scheuer erschwert Aufklärung der Maut-Affäre" vom 19. Dezember:

Sollten sich die von Markus Balser angesprochenen Vorwürfe gegen Verkehrsminister Scheuer bestätigen, so sollte dieser nicht nur politisch zur Verantwortung gezogen werden, sondern auch persönlich. Das wäre für viele Politiker ein heilsamer Schock, könnte aber zur Folge haben, dass künftig freier von Lobby-Interessen entschieden würde. Deren Abwägungen vor Entscheidungen wären nicht nur ängstlicher, sondern womöglich freier und nach sorgfältiger Prüfung auch bedeutend effektiver.

Joachim Sczepan, Havelberg

Wie heißt es so schön? Das Leben schreibt die schönsten Geschichten. Es schreibt aber auch die bitterbösen! Da setzt ein Verkehrsminister die Pkw-Maut auf Gedeih und Verderb durch, befeuert von Seehofer und Dobrindt, die das Ganze inszeniert haben, abgesegnet von einer Kanzlerin, die vormals sagte: "Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben." Dann kippt der Europäische Gerichtshof die ganze Sache, es drohen Kosten in Höhe von über 500 Millionen Euro (für den Steuerzahler!), ein Untersuchungsausschuss wird eingesetzt, das Verkehrsministerium beschränkt den Zugang zu wichtigen Akten - und was macht die Bundeskanzlerin? Sie spricht Scheuer ihr Vertrauen aus! Zitat: "Er macht eine sehr gute Arbeit!" Das ist Kabarett at its best!

Alfons Wopperer, Schwarzenbach/Saale

Die Justizbehörden müssen prüfen, ob es sich nicht vielmehr um einen gemeinschaftlichen versuchten Millionenbetrug an den Steuerzahlern handelt. Jeder, der bei klarem Verstand ist, hat genau gewusst, dass eine Ausländer diskriminierende Maut nicht mit EU-Recht vereinbar sein kann und sowohl Herr Scheuer als auch seine Vertragspartner können und müssen sich bei derartigen Summen juristisch beraten lassen und alle Eventualitäten in den Verträgen berücksichtigen.

Dass Herr Scheuer und dessen Vertragspartner noch nicht in Untersuchungshaft sitzen, stellt einen Offenbarungseid der Justiz dar. Dass die Betreiber jetzt, trotz der öffentlichen Debatte, auch noch Kasse machen wollen, ist an Schamlosigkeit nicht mehr zu überbieten und stellt sogar den Cum-Ex Skandal in den Schatten. Jeder kleine GmbH-Geschäftsführer und jeder Dorf-Bürgermeister wäre längst inhaftiert.

Peter Lichtenstern, Thierhaupten

560 Millionen der Steuerzahler sollen eventuell in den Sand gesetzt werden, weil Herr Scheuer in Nibelungentreue zu seiner Partei und seinen Amtsvorgängern erst voreilig Verträge abschließt, um dann die Maut gänzlich zu kippen. Vernünftige Menschen würden die Maut für alle einführen, die Vorarbeiten und Verträge blieben wirksam. Dann aber müsste die CSU ja zugeben, dass das einst gegebene Versprechen, keine Maut für Inländer einzuführen, ein Fehler war. Unvernünftige Politiker schmeißen lieber eine halbe Milliarde aus dem Fenster. Alexander Hertz, München

Dass die "Causa Scheuer" und die Tatenlosigkeit der Kanzlerin zunehmend bis dato noch CDU/CSU-nahe Wähler verprellt, dürfte den Parteistrategen nicht entgangen sein. Und selbst wenn die von den Maut-Betreibern gegen die Bundesrepublik geltend gemachten Forderungen nur zum Teil beglichen werden müssen, sind diese Hunderte von Millionen Euro - für eine Schnapsidee der CSU-Granden um Horst Seehofer - angesichts zunehmender Verarmung ganzer Bevölkerungsgruppen in Deutschland ein Debakel, das der CDU/CSU bei der nächsten Wahl um die Ohren fliegen wird.

Sepp Kufner, Ismaning

© SZ vom 27.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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