Konzertsaal:Was darf, was wird er kosten?

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In seinem Essay "Fiebernde Hirne" hat Gerhard Matzig kürzlich über die Unsitte geklagt, die Kosten von Bauprojekten ohne genaue Grundlagen zu nennen. Ein Leser widerspricht ihm hier, ein anderer ergänzt seine Ausführungen.

"Fiebernde Hirne" vom 15. November:

Wer zahlt, schafft an

Der Leser könnte aus Gerhard Matzigs Darstellung den Eindruck bekommen, manche öffentliche Bauvorhaben würden vor allem deshalb zu teuer, weil öffentliche Bauherrn sich gerne auf Basis unfertiger Planungen zu verfrühten Kostenaussagen hinreißen lassen. Vielleicht aber wird sich der Leser auch der Alltagsweisheit erinnern, die besagt: "Wer zahlt, schafft an." Sie gilt auch hier. Bei der schrittweisen Verfeinerung von Planung und Kosten darf der Bauherr nicht nur sagen, welche streng sachlichen Bedürfnisse er hat, sondern auch, wo seine finanzielle Schmerzgrenze liegt und damit indirekt, ob er sich einen einfachen, gehobenen oder luxuriösen Standard vorstellt.

Und natürlich ist es legitim, sich umzuschauen, was ein vergleichbares Haus anderswo gekostet hat. Auch wenn so eine "erste Zahl" noch mit großen Unsicherheiten belastet ist, stellt sie eine notwendige Absichtserklärung dar, nicht weniger legitim als der "erste Wurf" des Architekten.

Wie es jetzt mit der Kostenentwicklung des Konzerthauses weitergeht, wird vor allem von der diffizilen Machtbalance zwischen den Beteiligten abhängen. Nicht nur zwischen den Planern und dem öffentlichen Bauherrn, sondern auch zwischen dessen verschiedenen Instanzen: Landtag, Kultusministerium, Finanzministerium, Bauverwaltung. Vorausgesetzt, die Beteiligten arbeiten nicht gegeneinander oder aneinander vorbei, wird sich niemand im Nachhinein beklagen können. Dann bekommen alle miteinander ein preiswertes oder kostspieliges, ein bescheidenes oder protziges Konzerthaus, weil sie es bewusst und ehrlich so und nicht anders gewollt haben.

Axel Lehmann, München

Bitte kein Prinzip Hoffnung

Der Prozess des Planens, des Bauens und der Kostenermittlungen immer ein iterativer. Wenn es gut organisiert ist, dann steht am Anfang ein fundiertes Raum- und Funktionsprogramm, mit dem der Bauherr definiert, was er denn will und braucht. Dann wird der Planer gesucht, es wird geplant und dann, nach der Vorplanung, können seriös zum ersten Mal Quantitäten und Qualitäten definiert und daraus Kosten ermittelt werden. Dann, aber erst dann, kann ein Abgleich mit den Vorstellungen des Bauherrn vorgenommen werden und der Bauherr kann zweierlei machen: Entweder sein Bauprogramm den Mitteln anpassen oder die Mittel erhöhen. Eines darf er jedoch nicht: Dem Prinzip Hoffnung nachgeben und die Erkenntnisse ignorieren.

Bei den ersten Kostenschätzungen ist es unabdingbar, Reserven in Form der Begriffe "Unvorhersehbares, Risiken, etc." einzuplanen. Bei einem so komplexen Projekt wie dem Konzertsaal sind meines Erachtens eher 30 als 20 Prozent dafür nötig.

Bei öffentlichen Projekten ist die Neigung ausgeprägt, diese Kenntnisse zu ignorieren und viel zu früh mit vermeintlich festen Zahlen zu hantieren. Da verständlicherweise alle Entscheidungsträger wissen wollen, was denn das nun kosten wird, nennen die Fachbehörden gerne wider besseres Wissen niedrigere Beträge, bauen eben auch auf das Prinzip Hoffnung, denn sie meinen, nur so die Genehmigung für das Projekt zu erhalten. Das Fatale an dieser Situation ist, dass einerseits die Behörden damit ganz gut fahren, also die Projekte genehmigt werden, und wenn später die Kosten nach oben wandern, gibt es außer Ermahnungen kaum bis keine Sanktionen. Es existieren mittlerweile Ingenieurbüros, die sich ausschließlich mit dem Fachgebiet der Kostenplanung bei Bauprojekten beschäftigen. Meines Wissens wurde beim Konzertsaal-Projekt dieses bislang nicht gemacht, sondern die Behörden meinen, das selbst zu können.

Übrigens sollte die Stellung des Kostenplaners innerhalb der Projektorganisation so sein, dass er bei allen wichtigen Entscheidungen vom Bauherrn gehört wird.

Florian Fischer, München

So dunkel hier

Wie ist es nur möglich?! Das Konzerthaus am falschen Platz, das Gebäude von unbeschreiblicher Hässlichkeit, die Kostenschätzung abstrus und irreal. Unser schönes München - wie hat es einst geleuchtet!

Prof. Christian Bruhn, München

© SZ vom 27.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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