Kirche:Geistliches Geschwurbel

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Kardinal Gerhard Ludwig Müller schlägt erneut verbal um sich - und offenbart dadurch mehr über die Institution der katholischen Kirche, als er an sinnvoller Kritik anbringt, kommentieren SZ-Leserinnen und -Leser.

Kardinal Gerhard Ludwig Müller in seinem Büro im Vatikan. (Foto: Lena Klimkeit/dpa)

Zu "Und die Brüder schweigen" vom 17. Dezember:

Auf dem Thron ihres Reichtums

Kardinal Gerhard Ludwig Müller wirft mehreren Personen im Zusammenhang mit der Corona-Krise vor, dass sie "ihre Agenda" durchsetzen wollen und "auf dem Thron ihres Reichtums sitzen". Diese deplatzierten Kommentare sollen davon ablenken, dass die katholische Kirche ihre eigene Agenda meisterhaft seit fast 2000 Jahren unbeirrt umsetzt, häufig im engen Kontakt zum Adel oder den jeweils Herrschenden. Für dabei begangene schwere Verbrechen, wie etwa bei der Christianisierung von Süd- und Mittelamerika, reicht ja eine Entschuldigung nach über 400 Jahren völlig aus. Bei aktuellen Verbrechen, wie Kindesmissbrauch durch katholische Kleriker, kommen weitere Kernkompetenzen zum Einsatz: Schweigen, Vertuschen und Verdrängen. Die rechtliche Aufklärung der Fälle wird nach wie vor behindert.

Die katholische Kirche als global tätige Organisation hat durch diese Praktiken den Anspruch als moralische Institution verloren. Die stetig steigende Zahl der Kirchenaustritte belegt, dass immer mehr Menschen derartige Praktiken bewerten und die richtigen Konsequenzen ziehen. Zum Thema "auf dem Thron ihres Reichtums sitzen" steht fest, dass die "arme" katholische Kirche allein in Deutschland auf Milliardenvermögen sitzt und zudem einer der größten nationalen Arbeitgeber ist.

Paul Mikota, Stadtbergen

Un-Würdenträger

Es hätte eigentlich nicht noch eines weiteren Anzeichens bedurft, dass der ehemalige Regensburger Bischof und Chef der Glaubenskongregation im Vatikan, Gerhard Ludwig Müller, völlig vom Heiligen Geist verlassen worden ist. Seine Aussagen zu Gates, Soros und seinem Geschwurbel über Gleichschaltung und Überwachungsstaat in einem Interview lassen mich dies vermuten. Ich empfinde sie nicht nur als schockierend, ich meine, dass sie sogar den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen. Es ist meines Erachtens an der Zeit, dass die vielleicht dem Herrn Bischof doch noch übergeordneten Stellen diesem kirchlichen Un-Würdenträger seine Grenzen aufzeigen: Auch (angemaßten) Daseinsdeutern wie dem Herrn Kardinal steht es in einer Demokratie nicht zu, sich das "Vorrecht" herauszunehmen, womöglich größere Teile der Gesellschaft mit kruden Thesen, Verschwörungstheorien, Wortmaterial der Nazis und tendenziell antisemitischen Anspielungen zu verunsichern. Seiner Kirche erweist er zudem mit seinem Verhalten einen Bärendienst. Der könnte zur Folge haben, dass es in einer nicht allzu fernen Zukunft dazu kommen wird, dass Leute wie er nicht mehr durch Leute wie mich alimentiert werden müssen.

Manfred Brunhuber, Ruhstorf

© SZ vom 30.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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