Kinderschänder:Mehr Wachsamkeit

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Ob posthume Beschuldigungen der Pädophilie eines Michael Jackson oder Priesters der katholischen Kirche, die Gefahr werde unterschätzt, man müsse früher eingreifen, so eine Leserin.

Michael Jackson nach einem Gerichtsurteil 2005. Damals wurde er noch freigesprochen. Die Vorwürfe der Pädophilie kamen jedoch immer wieder auf, nun posthum haben sich mutmaßliche Opfer zu Wort gemeldet. (Foto: dpa)

Zu "Thriller" vom 7. März: Die Wahrheit über das Leid der vielen missbrauchten Kindern schallt jetzt aus allen Medien, wo man sie im Giftschrank versteckt hatte. Im Fall Michael Jackson ist der Sound und die anzügliche Performance in den Köpfen gespeichert, auch wenn die Lieder nicht mehr öffentlich gespielt werden. Kunstgenuss und das Wissen, dass der Künstler vielleicht zur gleichen Zeit Kindern das Schlimmste angetan hat, körperlich und emotional, und ihr Leben damit zerstört hat, kann man nicht trennen. Wie ein Roman enthält auch ein Song autobiografische Anteile. Was würde deutlich, wenn man die Texte mit dem heutigen Wissen analysierte? Gauguin kann ich meiden, wenn ich ihn verachte, weil er eine 13-Jährige geheiratet hatte, indem ich seine Bilder nicht anschaue, "Lolita" muss ich nicht lesen. Aber der Musik von Michael Jackson kann man nicht entkommen, wenn sie öffentlich gespielt wird. Mit der Rezeption eines Kunstwerks und seiner Verbreitung anerkenne ich auch den Urheber, wenn der ein Sexist, Rassist oder Kinderschänder ist. Also sollte man diese Werke nicht mehr spielen, im Namen der Opfer.

Es stellt sich mir auch die Frage: Hatten diese Kinder keine Eltern, die sie vor dem Künstler M. J. beschützen konnten, oder wurden die auch gekauft? "Es ist ja nichts bewiesen, das wäre üble Nachrede", ist der komfortable Selbstschutz der Mitwisser und gleichzeitig die Verteidigungslinie von Tätern, was dazu führt, dass die bekannt werdenden Verbrechen immer monströser werden. Die Orte Staufen, Lügde, Nonnen im Vatikan, Kinder in DDR-Heimen, in Sportvereinen, in Chören, überall kann es passieren, was wird als Nächstes aufgedeckt? Immer hätte man es früher wissen müssen, hätte früher reagieren können, immer waren die Anzeichen da, immer ging das Leid der Opfer weiter, weil ihnen keiner geglaubt oder geholfen hat.

Elisabeth Mach-Hour,Rechtsanwältin, München

Da taucht sie in der Überschrift ziemlich fett gedruckt wieder auf: die Pädophilie. Es geht hier aber nicht um innige Freundschaft oder Liebe zu Kindern - so nämlich die wörtliche Übersetzung -, sondern um massive Verbrechen, nämlich die der Kindervergewaltigung - es gibt keinen von Seiten des Kindes "freiwilligen" Sex - oder als Begriff so überkommenen Kinderschändung. Das Wort "Schändung" meint dabei die Verletzung der Ehre oder Würde des "Geschändeten"; wegen der Gefahr, in den Begriff eine "Opferbeschämung" hineinzuinterpretieren, erscheint seine Verwendung aber nicht zweckmäßig. Der derartige Verbrechen verharmlosende oder sogar beschönigende Begriff der "Pädophilie" ist hier völlig unangebracht. Aber mit Kindern kann man es ja offenbar machen - ob gedankenlos (ist ja der "Fachausdruck") oder zum - hier posthumen - Täterschutz, spielt vielleicht gar nicht die ganz große Rolle.

Norbert Urban, Blomberg

© SZ vom 02.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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