Kinderrechte:Familien besser in der Politik repräsentieren

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Gehören Kinder extra ins Grundgesetz? Einige Leser sind skeptisch, weil es UN-Kinderrechte gibt, die schlicht beachtet gehören. Dem Bundestag würden mehr Väter und Mütter guttun, so ein Schreiber.

Kinderhände auf Papier: Nicht alle können so unbeschwert spielen. Hilft es, ihre Rechte gesetzlich zu stärken? (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Zu " Kinderhymne" vom 4./5. Januar:

Schutz vor Gefährdung

Schon weit vor dem von Herrn Prantl genannten Zeitpunkt, im Jahr 1968 hat das Bundesverfassungsgericht den Vorrang des Kindeswohls im Konflikt zwischen Elternrecht und Kindeswohl postuliert (BVerfGE 24, 119 ff.). Seit dieser Entscheidung ist das ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. In der einen Entscheidung im Jahre 2017 hat das Bundesverfassungsgericht den Vorrang des Kindeswohls und die Pflicht des Staates, das Kind vor schwerer Gefährdung zu schützen, nochmals unterstrichen (BVerfG FamRZ 2017, 524). Diese Rechtsprechung wird aber von Jugendämtern und Gerichten noch nicht konsequent umgesetzt.

Unser Rechtsanwaltsbüro beschäftigt sich seit circa 30 Jahren mit Kindesrecht. Die vom Bundesjustizministerium vorgeschlagene Formulierung "angemessen" würde zu einer definitiven Verschlechterung für von schwerer Vernachlässigung und Misshandlung betroffenen Kindern führen. Es handelt sich nur um eine kleine Minderheit der Kinder. Aber um ihr Grundrecht auf eine gesunde Entwicklung geht es hier. Sie brauchen rechtzeitig den notwendigen Schutz.

Der Vorschlag des Bundesjustizministeriums "das Kindeswohl ist angemessen zu berücksichtigen", würde dazu führen, dass noch weniger Kinder geschützt werden können. Das ist übrigens mit enormen Folgekosten für die Gesellschaft verbunden.

Claudia Marquardt, Köln

Finger weg vom Grundgesetz!

Die Forderung, die Grundrechte für die Kinder im Grundgesetz zu verankern, kann ich als Nichtjurist nicht nachvollziehen, da sie im Grundgesetz mit den Artikeln 1, 2, 3 und 6 bereits geregelt sind. In dem Umfeld, in dem ich lebe, kann ich absolut keine Benachteiligung von Kindern erkennen. Ich sehe auch keinen expliziten Artikel im GG, der sich zum Beispiel nur mit den Rechten der älteren Bürgerinnen und Bürger beschäftigt.

In der UN-Kinderrechtskonvention wird der "bestmögliche Schutz" für die Kinder gefordert. Die Uno wurde 1945 mit den ethischen Grundsätzen gegründet, weltweit Frieden und die Menschenrechte zu sichern. Nichts von beiden ist der Uno bisher, auch nur im Ansatz, gelungen. In den von der UN eingerichteten Lagern (weltweit) sind solch katastrophale und menschenunwürdige Zustände, das die von der UN aufgestellte Kinderrechtskonvention eine einzige Phrase und nicht einmal das Papier wert ist. Wenn in unserem hoch entwickelten Westen viele Nutztiere in solchen Unterkünften (Ställe) leben müssten, wäre der Aufschrei in der Bevölkerung wohl gewaltiger. Was macht die UN für die Menschen(-Kinder)? Für mich versagt diese Organisation komplett und gehört von Grund auf reformiert.

Unser Grundgesetz ist ein epochales Werk von 1948/49 und darf meiner Meinung nach nicht der Tagesaktualität angepasst werden. Wenn es doch ziemlich leicht möglich ist, einige Artikel im Grundgesetz zu ändern oder zu ergänzen, wer garantiert, dass etwa die Meinungsfreiheit vielleicht einmal zur Disposition steht, weil es bestimmten politischen Richtungen gerade passt? So war es zum Beispiel ein großer Fehler, die Schuldenbremse ins GG aufzunehmen. Das Grundgesetz ist doch das wichtigste Gesetzeswerk, das unser gesellschaftliches Leben in Grundsätzen regelt. Ich habe noch nicht gehört, dass unser christliches Hauptwerk, die Bibel, die uns Orientierung gibt beziehungsweise geben soll, den aktuellen Erfordernissen angepasst werden muss. Wir haben genügend andere Gesetzbücher, die wir immer den aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen anpassen können, sogar müssen. Deshalb meine Bitte: Lassen wir die Finger von unseren Leitwerk, dem Grundgesetz!

Hubert Klemenjak, Mindelheim

Ungleichgewicht bei Erziehung

Bei diesem wahrlichen Missstand muss man außer dem Papier, auf dem Gesetze stehen, sicherlich auch über das geradezu groteske Gender-Ungleichgewicht bei den Erwachsenen, die mit Kindern zu tun haben, gründlich nachdenken. Es kümmern sich doch so gut wie nur Frauen um diese sehr jungen Menschen. Bei den höchst unerfreulichen, schlimmen Dingen, die passieren, sind hingegen die Männer weit in der Überzahl. Vielleicht hülfe es ja, wenn manche Herren mal ihr Nicht-intellektuell-genug-Vorurteil einfach fahren ließen und sich von Anfang an, und dann in der Folge im Grundschulbereich, endlich richtig nützlich machen.

Helmut Rasp, Landshut

Mehr Eltern in den Bundestag

Wenn man so viele Worte um ein eigenes Grundrecht für Kinder braucht, geht man wohl auch aufgrund vieler Versäumnisse dem Grundproblem aus dem Weg. Wenn Artikel 6 Grundgesetz Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz des Staates stellt und die Mütter einen Anspruch auf Fürsorge des Staates haben, so müssten doch hinreichend auch Kinderbedürfnisse geschützt sein. Allerdings scheinen in der Praxis Kröten und Wölfe inzwischen mehr geschützt zu werden als Mütter mit Kindern, vor allem wenn man an alleinerziehende Väter wie Mütter denkt.

Wenn Väter und Mütter, die für echtes Wachstum sorgen und die Sozialsysteme aufrechterhalten, noch immer für ihre Erziehungsleistungen bei ihrer Rente wegen Kindererziehungszeiten weitgehend als Nichtarbeitende im Rentensystem bedacht werden, ist es nachvollziehbar, dass wir als reiches Land seit Langem ganz schön kinderarm daherkommen. Wer Kinderarmut sät, wird letztlich auch Renten- und Fachkräftemangel ernten.

Da Kinder mit erheblichen Kosten verbunden sind und nicht selten eine schnelle Karriere verhindern, muss man sich nicht wundern, dass in der Politik wie auch in den Leitmedien Personen mit kinderlosen Lebensformen den Ton angeben. Allein ein neues Grundrecht löst diese Grundproblem nicht. Statt einer ausgeglichenen Quote zwischen Männern und Frauen, sollten Personen mit Kindern ausgewogen zur Bevölkerung in den Parlamenten vertreten sein. Weitblickende Parteien könnten bei Kandidatenaufstellungen ihren Beitrag leisten. Auch wird seit Jahrzehnten der GG-Artikel 6 in der öffentlichen Wahrnehmung wie in der politischen Umsetzung wie ein Fremdkörper gesehen, sodass sogar mit dem hastigen Beschluss "Ehe für alle" das Grundanliegen von Artikel 6 im Bundestag ins Gegenteil verkehrt werden konnte.

Simon Kirschner, Gaimersheim

© SZ vom 27.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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