Katholische Kirche:Frauen, verweigert euch

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Was passiert, wenn ein katholischer Priester sein Zölibatsgelübde bricht, wurde vor kurzem in einem Interview geschildert. Ein Leser kritisiert die Sexualmoral der Kirche generell. Er will mehr Frauen in Amt und Würden sehen.

" Dann begann die Zeit der Heimlichkeit" 25. Oktober:

Wenn ich katholischer Amtsträger wäre, würde ich meine Ämter sofort freiwillig niederlegen. Es sind so viele Heucheleien, Selbstbetruge, Vertuschungen und Unwahrhaftigkeiten im System der katholischen Kirche: Der Skandal des Missbrauchs ist das eine. Die Vertuschung desselben ist das Zweite. Die Leugnung der pervertierten Sexualität durch den Pflichtzölibat ist das Dritte, das eigentliche Skandalum. Denn es genügt nicht, die angehäuften Missbrauchsfälle endlich öffentlich zu machen und die Täter zu bestrafen, sondern sich den Ursachen der fehlgeleiteten Sexualität zu stellen, was nur durch die Aufhebung des befohlenen Pflichtzölibats der Priester geschehen kann. Hinzu kommt: Priester, die ein intimes Verhältnis mit einer Frau oder einem Mann eingehen, müssen dieses verheimlichen, vor ihren Vorgesetzten verleugnen, sie werden zur Unwahrhaftigkeit gezwungen, wenn sie in ihrem Amt bleiben wollen. Kinder aus solchen Beziehungen müssen ebenfalls geheim gehalten werden, nur dann entgehen ihre Erzeuger den kirchlichen Sanktionen: eine Aufforderung zur Verlogenheit. Hier tritt die Schein-Heiligkeit des rigiden Systems der katholischen Kirche besonders massiv zutage.

Ich würde die katholische Kirche schon mit nur einem Wunder heiligsprechen: Wenn sie das Wunder vollbrächte, die geschundenen Priester in die Freiheit der sexuellen Selbstbestimmung zu entlassen - und den unterdrückten Frauen gleiche Rechte in der kirchlichen Hierarchie zuzubilligen, was eigentlich selbstverständlich sein sollte. Es genügt nicht, sie in unterwürfige Dienste einzubinden und zu verkünden, "die Gaben der Frauen in der Kirche zu nützen", wie Kardinal Marx es auf der Synode in Rom gefordert hat. Dass Frauen als billige, willige Hilfskräfte ausgenützt werden, entspricht eher der heutigen kirchlichen Praxis.

Deshalb mein Aufruf: Katholische Frauen, formiert euch, verweigert den Männern in Gestalt von Priestern und Bischöfen eure Dienste, solange sie euch nicht als gleichberechtigte Partnerinnen auf allen Ebenen akzeptieren. Seid euch eurer legalen Macht zur grundlegenden Erneuerung der Struktur der katholischen Kirche bewusst. Die Kirche hat nur eine Überlebenschance, wenn sie das Wunder einer radikalen Wende selbst vollbringt.

Antonius Rabung, München

Gegen die freie Berufswahl

Artikel 140 des Grundgesetzes erlaubt es Religionsgemeinschaften, ihre Angelegenheiten "selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes" zu regeln. Zumindest zweifelhaft erscheint mir aber, ob dies auch das Recht umfasst, ihren Mitgliedern bestimmte Menschenrechte zu verweigern. Um nichts anderes handelt es sich jedoch, wenn ein Priester zur Ehelosigkeit verpflichtet wird. Er hat dann nur die Wahl, entweder auf seinen Beruf, also die freie Berufswahl (Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte), "freiwillig" zu verzichten oder aber auf die Eheschließung (Artikel 16). Kann das rechtens sein?

Dr. Hansjörg Siebels-Horst, München

© SZ vom 13.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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