Homöopathie:Die Ansichten zur Alternativmedizin liegen weit auseinander

Die einen schwören drauf, andere halten Globuli für wirkungslos. Das Beste aus allen Teilen der Medizin sollte man einsetzen für die Patienten, meint eine Leserin.

Homöopathische Präparate

Placebo oder Wirkstoff? Ob Therapien mit Globuli den Patienten helfen, ist umstritten.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Zu "Zuwendung statt Kügelchen" vom 13./14. Juli:

Die Belege fehlen

Ein merkwürdiges Gemenge ist dieser Artikel. So wirft Autor Hütten den Krankenkassen einen menschenverachtenden Umgang mit den Geldern der Beitragszahler vor, wenn er den Kassen unterstellt, aus "Marketinggründen" den Anschein zu erwecken, als seien homöopathische Mittel "vielleicht doch eine Art Medikament", und dafür an "wirklich sinnvollen Dingen" zu sparen. Laut Hütten fügen die Kassen ihren Mitgliedern also Schaden zu.

Ein Schaden, den die SZ gegebenenfalls zu vertreten hat, tritt verdeckter auf und ist gefährlicher, denn wenn ein Autor für Zuschreibungen wie "grober Unfug", "religiös anmutender Glaube an Placebo-Kügelchen" und "nach allem, was die Wissenschaft weiß" keine Belege mehr anführen muss, so richtet sich das gegen eine verantwortliche Meinungs- und Willensbildung.

Jedoch, Herr Hütten lässt uns nicht allein. Er kennt die Wissenschaft und er weiß, was uns fehlt: Zuwendung und Verständnis und eine Medizin, die "nicht das einzelne Symptom behandelt, sondern den Menschen in seiner Gesamtheit".

Mit dieser Empfehlung ist nun aber nichts anderes gesagt, als dass der Mensch keine triviale Maschine ist, dass es Effekte gibt, die nicht isoliert beobachtet werden können, und dass es Gewissheiten gibt, die sich der Messbarkeit widersetzen. Es spricht daher für die Krankenkassen, wenn sie die Homöopathie in ihre Gesundheitsrechnung einbeziehen.

Johannes Sumowski, Vörstetten

Medizinischer Irrtum

Die Homöopathie ist ein 200 Jahre alter medizinischer und wissenschaftlicher Irrtum. Auf bizarre Weise werden Kügelchen und Tropfen hergestellt, die schließlich ohne nachweisbaren Wirkstoff gegen alle möglichen Gesundheitsstörungen wirken sollen. Homöopathische Mittel gehören im Übrigen zu den teuersten Mitteln der Pharmazie: 2017 zahlten die Krankenkassen 10,5 Millionen Euro für eine überschaubare Menge von Traubenzucker und Lösungsmittel wie Alkohol ohne nachweisbaren Wirkstoff und ohne spezifische pharmazeutische Wirkung.

Homöopathie ist nur die prominenteste Vertreterin der sogenannten Alternativmedizin mit ihrem pseudomedizinischen Humbug. Auch dabei ergeben sich Einsparungen, die sinnvolleren Dingen in der Krankenversorgung zugutekommen könnten.

Dr. med. Hans-Peter Heid, Freilassing

Das Beste aus allen Richtungen

Der Idealfall ist, wenn sich alles verbindet: Schulmedizin, Homöopathie, Naturheilkunde und Zuwendung. Die Schulmedizin behandelt meistens nur das Symptom, und zwar ohne Zuwendung.

Gott sei Dank gibt es inzwischen Ärzte, die diese Verbindung einigermaßen schaffen, leider ohne Zuwendung, weil die Zeit fehlt und die Unterstützung der Krankenkassen. Ich verwende den "groben Unfug" seit Jahrzehnten und ich weiß, dass die Homöopathie helfen kann. Es hat mit Glauben und Placebo überhaupt nichts zu tun.

Warum regt sich eigentlich niemand auf über die vielen überflüssigen Medikamente, die verschrieben und eingenommen werden, die oft die Menschen noch kränker machen?

Gabriele Kapohl, Dachau

Es geht um Zeit und Haltung

Der Artikel reduziert die Hinwendung von Menschen zu alternativen Heilverfahren, respektive Homöopathie, auf den Faktor Zeit. Die Verknappung derselben führe zu einer Vernachlässigung an Zuwendung für den Patienten, der sich die dann woanders hole. Time is money, gerade auch im Krankheitsfall, das ist die eine Wahrheit.

Die andere aber impliziert ein strukturelles Defizit im Dialog zwischen dem Arzt klassischer Prägung und dem Patienten. Auf der Gesprächsebene wendet sich der kranke Patient an die medizinische Autorität, die möglichst rasch eine Diagnose liefern soll. Nicht selten geschieht dies ohne weiteres Nachfragen, aktives Zuhören, die Lebensumstände des Kranken in Betracht ziehend. Bei einer klassischen Grippe mag das nicht von Belang sein, in einer Vielzahl von anderen Krankheitsbildern schon.

Die klassische Medizin ist deshalb oft so eine "furchtbar kalte", weil ihre Vertreter das hierarchische Gefälle zwischen sich, den Experten und den Hilfesuchenden, sprich den Patienten, nicht durch empathisches Verhalten und aufmerksame Gesprächsführung ausgleichen, sondern gerne noch verstärken.

Es ist das Wort des Mediziners, das zählt. Was nicht zählt, weder abrechnungstechnisch noch oft dem eigenen Selbstverständnis nach, das ist, den Patienten dort abzuholen, wo er steht. Das genau macht aber die Alternativmedizin. Es geht eben nicht nur um Kügelchen, und auch nicht ums Gefühleverteilen, wie der Autor des Artikels meint, sondern es geht um eine völlig andere Haltung!

Sigrid Droste-Sagasser, Weidach

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