Hohenzollern:Unverständliches Anspruchsdenken

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SZ-Leser regen sich über die teils intransparente Handhabe der Entschädigungsforderungen von Adelshäusern auf. Die Bundesregierung sollte hier weniger zuvorkommend und öffentlich nachvollziehbar agieren, so der Tenor.

Zu " Der Kronprinz und seine Erben" vom 31. Januar sowie zu " Hitlers nützliche Idioten", ab 2. Februar auf SZ.de:

Rückblickend betrachtet war es einer der größeren Fehler Weimars, mit Abschaffung des Adels nicht zugleich die Namenszusätze (Prinz etc.) zu verbieten. Aus diesem Versäumnis resultiert bis heute nicht nur die Abgehobenheit dieser vermeintlichen Klasse, sondern eben auch die teils liebedienerische Anbiederung kleinbürgerlicher Kreise; siehe Yellow Press.

Ein Skandal besonderer Qualität ist dabei, dass sich bundesrepublikanische Organe ernsthaft mit den Forderungen dieser Leute befassen. Man konnte den Eindruck bekommen, dass diese Verhandlungen von beiden Seiten am liebsten unter Ausschluss der Öffentlichkeit hätten stattfinden sollen - für unseren demokratisch verfassten Staat eine Erbärmlichkeit. Es ist in diesem Falle leider das sogenannte Haus Hohenzollern nicht allein; die Pudbusen im Norden oder das Haus der Welfen (Restitutionsansprüche aus den ehemaligen Besitztümern in Ostdeutschland), die sogar die Unverschämtheit besitzen, sich vom Land Niedersachsen bei der Sanierung "ihrer" Marienburg in Gänze alimentieren zu lassen, nachdem sie zuvor erfolgreich den Rahm ihrer Kunstschätze auf Auslandsauktionen versilbert haben.

Es sind dies zwei Besonderheiten, die Beachtung finden sollten: einerseits die schamlose Anspruchshaltung des sogenannten Adels und andererseits die Willfährigkeit, mit der demokratische Institutionen anscheinend bemüht sind entgegenzukommen.

Heinrich Luchtmann, Pattensen

Als Historiker sind mir die Vorgänge in Prantls Blick zu "Hitlers nützliche Idioten" bekannt, allerdings nicht in der aufgelisteten Vielschichtigkeit. Zu der Forderung, was Merkel zu den Entschädigungsforderungen der Hohenzollern sagen soll: Die Chance wurde erstmalig vertan mit dem gescheiterten Volksentscheid über die Enteignung des Adels. Schon damals spielten die Kirchen beider Konfessionen eine wenig rühmliche Rolle. Nach 1945 waren es wieder konservative Kräfte und pseudochristliche Entscheidungsträger, die genau diesen Totengräbern der ersten Demokratie hier ein neues Betätigungsfeld boten (gescheiterte Entnazifizierung, Diffamierung von Widerstandskämpfern); von da lässt sich der Bogen spannen bis zur Diskussion über die Entschädigungsforderungen.

Karl-August Lehmanm, Oberharmersbach

© SZ vom 04.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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