Glyphosat:Regenwürmer in Gefahr

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Studien über die Schädlichkeit von Glyphosat werden von der Industrie infrage gestellt. Da muss der EU-Gesetzgeber ran.

Es droht nicht nur Krebs

"Offene Fragen zu Glyphosat" vom 30. Mai: In der so gut wie ausschließlich auf den Krebsverdacht fokussierten Debatte um die weitere Zulassung von Glyphosat hat kaum eine Rolle gespielt, dass dieses Pflanzenschutzmittel auch erhebliche Auswirkungen auf die Artenvielfalt hat, die völlig unbestritten sind. Es leuchtet jedem ein, dass ein hochwirksames Herbizid, das zuverlässig alle "Unkräuter" vernichtet, damit auch Wildbienen und anderen Insekten das Überleben unmöglich macht. Als Nächste machen sich dann Vögel und Kleinsäuger als nachfolgende Glieder in der Nahrungskette "vom Acker".

Auch unter der Erdoberfläche scheint Glyphosat in schädlicher Weise zu wirken: Die Universität für Bodenkunde in Wien (Boku) kommt in einer Studie zu dem Ergebnis, dass Glyphosat die Aktivität und die Reproduktion von Regenwürmern einschränkt. Jedem Laien ist klar, dass den Regenwürmern eine entscheidende Bedeutung für die Bodenfruchtbarkeit zukommt. Nun wird die Boku-Studie von Industrievertretern wegen angeblicher methodischer Mängel infrage gestellt. Der Normalbürger fragt sich: Wenn zumindest ein begründeter Anfangsverdacht besteht, warum gibt es nicht zwingend weitere wissenschaftlich einwandfreie Untersuchungen? Man mag es kaum glauben, dass Risikobewertungen im Zulassungsverfahren bis heute nicht von unabhängigen Forschungsinstituten durchgeführt werden müssen. Vielmehr können sich die Hersteller letztlich selbst ihre Persilscheine ausstellen. Hier muss die EU-Gesetzgebung dringend geändert werden. Hermann Eschenbeck , Marquartstein

Neue Dimension

Nun bekommt wohl der "Streit unter Experten" über ein viel verwendetes Herbizid durch die Vorwürfe des Kollegen Portier eine neue Dimension. Die "ernsthafte Gefährdung der öffentlichen Gesundheit" betrifft auch die Fruchtbarkeit von Mensch und Tier (Biodiversität), denn cancerogen und reproduktionstoxisch sind biotechnisch eng verknüpft. Dieses und andere Herbizide töten nicht nur sogenannte Unkräuter, sondern auch Nutzpflanzen, die sich in einem gentechnisch falschen Feld angesiedelt haben: kein Weizen zwischen Maispflanzen. Dr. Jürgen Heinrichs, Hamburg

© SZ vom 14.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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