Gigaliner:Auf dem falschen Weg

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Ein Leser hat nachgerechnet: Um einen dieser überlangen Lkw zu überholen, bräuchte er mindestens einen Kilometer freie Überholspur. Wo gibt es das schon, wenn der Verkehr ohnehin noch mehr zunehmen wird?

"Zeit für Größe" vom 24. Februar:

Die Bahn ist außen vor

Der Bericht von Michael Kuntz fasst gut zusammen, was hier wirklich an Fakten relevant ist. Da werden keine Ängste geschürt, sondern Vergleiche angestellt, die für jedermann nachvollziehbar sein sollten. Es gibt nur einige Hundert Fahrzeuge und die sind auf genehmigten Routen außerhalb größerer Städte unterwegs, oft dabei auch als Zubringer zum Kombiverkehr mit der Bahn. Als jemand, der sein Berufsleben im Transportbereich verbracht hat, ist es schwer nachvollziehbar, dass hier angeblich der Bahn massiv Konkurrenz gemacht wird. Alle, die den wiederkehrenden Ruf " mehr Güter auf die Bahn" in den Mund nehmen, sollten hier realistisch sein. Die Bahn hat schon jetzt im derzeitigen Netz zu wenig Platz für Güterzüge. Seit es Standard geworden ist, dass man nicht länger als 24 Stunden auf eine Bestellung warten möchte, ist die Bahn außen vor.

Manfred Durlak, Langenzenn

Auf der Überholspur

Sie haben aufgefordert nachzurechnen. Ein Gigaliner fährt mit Tempo 70 km/h auf einer Bundesstraße. Ich möchte ihn mit Tempo 100 km/h überholen. Die Strecke, die ich überholen muss, beträgt ca. 110 m (Länge des Gigaliners + Sicherheitsabstände). Dazu brauche ich circa 16 Sekunden, in denen ich etwa 450 m zurücklege. Unter Berücksichtigung des Gegenverkehrs und wenn ich nicht allzu riskant fahren möchte, brauche ich mindestens 1 km freie Überholspur. In meinem Alltag gibt es die nicht. Bedenkt man, dass der G-Liner schnellfahrende Radler/Roller nicht überholen darf, so kann man sich die entstehenden Stresssituationen mit all ihren Folgen vorstellen.

Hans-Joachim Engel, Kleve

Einfach nur Unsinn

Klar gibt es betriebswirtschaftliche Vorteile, wenn man drei herkömmliche durch zwei lange Lkw ersetzt. Aber ist es deshalb sinnvoll, den Gütertransport auf der Straße günstiger zu machen und damit natürlich mehr Verkehr auf die Straße zu bringen? In einer Zeit, in der wir Milliarden investieren, um endlich ein paar Prozent der Pkw-Flotte zu elektrifizieren, ist es einfach nur Unsinn, mithilfe der Lang-Lkw viele Tonnenkilometer Güter auf Brummis zu verlegen, statt sie umweltfreundlich mit der Bahn zu transportieren.

Bis zu 25 Meter lang und damit 6,50 Meter länger als herkömmliche Lkw: Gigaliner auf Jungfernfahrt von Rostock nach Hamburg. (Foto: Bernd Wüstneck/dpa )

Dr. Leonard Burtscher, Garching

Verkehrte Investition

Im Unterschied zur Sinnhaftigkeit von Buszügen, die sich über die Verdichtung von Lebensräumen ergibt, erschließt sich die der von Road-Trains nicht über Verdichtung von Lebensräumen, sondern über die gegenwärtige Produktionstechnik, die in Buxtehude etwas produziert, das dann in Modena seinen Decklack erhält, um als Siemens-Produkt in Stuttgart ausgeliefert zu werden. Es ist nicht nur ein Menetekel dunkelgrüner Ökologieideologen, dass die Road Trains der falsche Weg sein können. Die sich im digitalen Industriezeitalter verändernde Produktion wird die gegenwärtige Normalität, Großmengen von A nach B zu liefern, wohl eher zugunsten von Kleinmengentransporten verschieben. Eine Investition in Infrastruktur für Road Trains und in Road Trains selbst wäre ein wenig so, wie die frühere Idee der staatlichen Finanzierung einer Magnetschwebebahn zum Flughafen in München.

Reimar Stenzel, Pohlheim

Noch mehr Verkehr

Falls es stimmt, dass Gigaliner Effizienzvorteile verschaffen, dann manifestieren sich diese in Kostenvorteilen. Und wenn der Transport billiger wird, dann lohnt es sich, noch mehr Güter wegen minimaler Kostenvorteile hin- und her zu transportieren, mit Deutschland als Schnittpunkt der europäischen Verkehrsströme. Wir werden also mehr Verkehr bekommen. Und die Schäden an der Infrastruktur, die mit der Tonnage exponentiell steigen, werden externalisiert. Die begleichen die Steuerzahler.

Prof. Dr. Stefan Müller, Neustadt

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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