Gaming:Weil aus Spiel Ernst werden kann

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Als Horst Seehofer ankündigte, die Gamerszene beobachten zu lassen, weil manch rechte Täter aus dem Metier kämen, war die Empörung groß. SZ-Leser sehen den Einfluss von Ballerspielen durchaus kritisch, einer fordert eine Klarnamenpflicht im Netz.

Fördern Ballerspiele die Gewaltbereitschaft? Ein Gamer des Computerspiels Fortnite in Aktion. Gewonnen hat, wer zuletzt überlebt. (Foto: imago images/Schöning)

"Unter Generalverdacht" vom 15. Oktober :

Gewaltspiele zeigen Wirkung

Die Kritik von Simon Hurtz an Horst Seehofers Ankündigung, die Gamer-Szene stärker in den Blick zu nehmen, sehe ich als berechtigt an; insofern, als dass die Formulierung unglücklich ist und als Generalverdacht verstanden werden kann. Die Behörden sollten natürlich alle Gruppierungen in den Blick nehmen, bei denen konkrete Anlässe für potenzielle Gefährdungen vorliegen, aber eben erst dann.

Zugegeben: Wenn eine Gruppierung aber zahlenmäßig so groß ist wie im Fall der Gamer, umso problematischer ist es, sie als (homogene) Gruppe anzusehen. Herr Hurtz scheint aber ein Pauschalurteil über die Gamer mit einem anderen Pauschalurteil bekämpfen zu wollen und strapaziert die Logik mit seiner schlichten Mengenlehre dabei enorm.

Dass nicht alle Gamer Gewaltneigungen zeigen, sagt doch nichts über die möglichen Gefahren bestimmter Spiele! Durch die Resilienzforschung weiß man, dass verschiedene soziale und psychologische Faktoren negative Wirkungen auffangen können. Dadurch treten sie zwar nicht in Erscheinung, können aber durchaus vorhanden sein. Schon seit dem ersten Verdacht, dass Computerspiele Gefahren, zumindest Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringen, finden sich immer wieder Medienpädagogen, die es schaffen, das in Abrede zu stellen. Es ist leichter, mit einer Statistik eine Gefahr nicht zu finden, als eine mögliche Gefahr unzweifelhaft zu belegen.

Das liegt vermutlich in der Natur der Statistik als Grundlage vieler Ansätze, die ja immer nur eine quantifizierte Oberfläche darstellt. Sie erscheint somit zwar wertneutral, kann es aber schwerlich sein, da die Fragestellung ja meistens einer mehr oder weniger subjektiven Perspektive entspringt. Ein erster Blick auf die eigentlichen Vorgänge, insbesondere der Ballerspiele, kann da schon mehr Aufschluss geben. So realistisch wie möglich wird das Töten von Menschen über Stunden, Tage, Wochen, Jahre simuliert. Die "Gegner" werden nicht als Menschen, sondern lediglich als bedrohliche Objekte wahrgenommen, die es zu bekämpfen gilt. Sie werden per Knopfdruck "ausgeknipst". Ein tausendfach ausgeführter maschineller Vorgang. Der soll ohne Wirkung sein?

Allein die Anziehungskraft und die Suchtgefahr dieser Spiele zeigt, dass sie eine enorme Wirkung haben, die sicher nicht dazu geeignet ist, die Empathie unter Menschen zu fördern. Grade die Abstraktheit des virtuellen Raumes suggeriert die scheinbare Freiheit, alle Tabubrüche ohne reale Konsequenzen begehen zu können. Sie hat ja schon im kommunikativen Umgang zu einer ungeahnten Steigerung von Respektlosigkeit und Hass geführt.

Das emotionale Geschehen lässt man ja nicht im virtuellen Raum des Kampfspiels oder Chats nach dessen Ende zurück, sondern nimmt es in die Realität mit. Durch die dauerhafte Nutzung drohen die Grenzen der Realitäten zu verschwimmen. Davon kann sich jeder durch eigenes Spielen und Beobachten anderer überzeugen.

Verbote sind sicher nicht hilfreich. Der Schwerpunkt sollte sein, Kinder so spät wie möglich mit solchen Spielen zu konfrontieren, und in ihnen die ausgleichenden Faktoren zu stärken, wie seelische Stabilität, Kreativität, Selbstwertgefühl, körperliche Erfahrungen, sodass sie vom Computerspiel verursachte Wirkungen ausgleichen können.

Tarik Özkök, Hamburg

Klarnamenpflicht einführen

Weshalb wird Netzwerkbetreibern nicht vorgeschrieben, die Anonymität im Netz zu unterbinden? So wie jeder Leserbriefschreiber seinen Klarnamen nennen muss, so könnte das doch auch von Usern verlangt werden. Netzwerkbetreiber, die das nicht gewährleisten, könnten von Gesetzes wegen abgeschaltet werden.

Wenn jeder mit seinem Namen zu dem stehen müsste, was sie oder er öffentlich sagt, gäbe es weniger Hetze und Hass im Netz. User, die mit rassistischen Pseudonymen auftreten, dürften bei Online-Leserbriefen nicht zugelassen werden. Ich verstehe nicht, weshalb Internetforen nicht von sich aus auf eindeutiger Identifizierbarkeit bestehen. Wenn Händlern im Netz eine nachprüfbare Firmenbezeichnung mit Anschrift auferlegt würde, gäbe es weniger Betrug. Auch für Verkaufsplattformen und Online-Spiele sollte gelten: Wer sich ins Netz begibt, sollte dazu stehen!

Jan Kempermann, Hohenlockstedt

© SZ vom 28.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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