Franziska Giffey:Ein bisschen Doktor geht nicht

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Die Bundesfamilienministerin hat von der Freien Universität Berlin eine Rüge für ihre Doktorarbeit erhalten, weil diese einige Plagiatstellen enthält. Dass ihr der Titel nicht aberkannt wurde, finden einige Leser befremdlich.

Zu "Ein bisschen Plagiat ist erlaubt" vom 2./3. November sowie zu " Giffey darf ihren Doktortitel behalten" und " Aufatmen" vom 31. Oktober/1. November:

In der generellen Diskussion um Plagiatsvorwürfe bei Promotionen spricht keiner über die Verantwortung der Doktormütter und -väter. Wenn diese genauso an den Pranger gestellt würden wie ihre beim Abschreiben ertappten Doktoranden, dann würden sie sich mehr Mühe geben, ihren Schülern eine korrekte wissenschaftliche Arbeitsweise zu vermitteln und diese auch zu überprüfen.

Wir alle hätten dann ungeachtet der schwierigen juristischen Bewertung seltener den faden Beigeschmack, der bleibt, wenn zum Teil noch nach Jahrzehnten das nicht verjährende Versagen Laufbahnen von Menschen beendet.

Univ.-Prof. em. Dr. Ludwig Spätling, Fulda

Plagiat ist Plagiat und kann nicht auf "ein bisschen" reduziert werden. Nachdem in der Promotionsordnung eine Rüge nicht vorgesehen ist, kann sie auch nicht im Nachhinein quasi erfunden werden.

Hätte Frau Giffey die Ausführungen der Kommission anerkannt und den Titel freiwillig zurückgegeben, wäre sie in der Achtung der Wähler auf jeden Fall gestiegen. So ist sie also nur "ein bisschen Doktor", was es ja auch nicht gibt. Zudem schadet die Sache der eigenen Partei, weil die Angelegenheit eben ein "Geschmäckle" hinterlässt.

Sieglinde Löw, München

In dem Artikel "Giffey darf ihren Doktortitel behalten" wird auch berichtet über eine Rüge für Frau Giffey. Da stellt sich doch die Frage: Und wo ist die Rüge für die professoralen Betreuer/-innen dieser Dissertationsschrift? Sie segnen eine solche Arbeit am Ende ja mit ihrem Gutachten ab, müssen sie also auch gelesen haben - und: Es gab keine Hilfe zum richtigen Zitieren? Das ist fahrlässig und unverantwortlich - gegenüber dem Format "Doktorarbeit" wie auch gegenüber den Autoren und Autorinnen.

Prof. Dr. Klaus Brake, Berlin

Es mag einem nicht einleuchten, warum die Überprüfung einer Doktorarbeit, deren Herstellung immerhin Jahre erfordern kann, Monate dauern soll. Aber wenn Herr Braun in dem Artikel "Aufatmen" diesen Prozess als "erstaunlich unpolitische Zögerlichkeit" bezeichnet, zeigt das eine erstaunliche Ahnungslosigkeit im Hinblick auf das Prinzip der wissenschaftlichen Sorgfaltspflicht. Auch wenn er sich damit in prominenter Gesellschaft befindet (auch Frau Merkel meinte, ihren des Plagiierens überführten Verteidigungsminister zu Guttenberg damals mit der Begründung verteidigen zu müssen, sie benötige für dieses Amt keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter), frage ich mich, seit wann sich fragwürdiges Verhalten durch politische Tüchtigkeit rechtfertigen lässt? Für Frau Giffey galten die universitären Anforderungen, die für jeden Doktoranden gelten. Und so wie es aussieht, hat die Freie Universität Berlin sie genau in diesem Punkt entlastet. Mit der Ministerin Giffey hat das erfreulicherweise (statt "erstaunlicherweise") nichts zu tun!

Mario Baier, München

© SZ vom 13.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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