Frankreich:EU in den Sicherheitsrat

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Die Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für eine Neubelebung Europas seien ja schön und gut, meint ein Leser. Doch sei er sich auch bewusst, was Frankreich fairerweise dann alles aufgeben müsse?

Stefan Ulrich hat in "Ein Mann, ein Wort" vom 29. September völlig recht: Der französische Präsident Emmanuel Macron hat auf seine Initiative, Europa neu zu beleben, eine bessere Antwort aus Deutschland verdient als ein gequältes "Ja, aber". Angela Merkel muss endlich ihre Politik des Durchwurstelns und die Zähmungstaktik des Zögerns aufgeben und selbst in die Offensive gehen. Es ist wohl eine einmalige Chance, die politische Union Europas einen wesentlichen Schritt voranzubringen.

Die Vorschläge Macrons zielen natürlich im Wesentlichen darauf ab, die wirtschaftliche Macht Deutschlands an die europäische Kette zu legen. Aber ein solcher Souveränitätsverzicht ist aus deutscher Sicht nur zu rechtfertigen, wenn auch alle anderen europäischen Mitgliedsstaaten bereit sind, auf Sonderrechte und Sonderrollen zu verzichten. Hierzu gehört zum Beispiel die Rolle Frankreichs im UN-Sicherheitsrat. Was spricht dagegen, wenn Frankreich seinen ständigen Sitz, der mit einem Vetorecht verbunden ist, an die EU überträgt? Ein solcher Schritt würde das Gewicht Europas in der Welt ungeheuer stärken. Auch die Rolle Frankreichs als einziger Atomwaffenstaat (nach dem Ausscheiden Großbritanniens) innerhalb der EU bedarf dringend einer Klärung, ehe sich Deutschland zu einem so weitreichenden Souveränitätsverzicht, wie es die Übertragung des Haushaltsrechts an die EU darstellt, bereit erklärt.

Auch die Demokratiedefizite des Europäischen Parlaments gehörten in diesem Zusammenhang wieder auf die Tagesordnung. Es kann ja nicht sein, dass die Wahlbürger in den einzelnen Mitgliedsstaaten völlig unterschiedliche Gewichte haben. Ein Luxemburger benötigt zum Beispiel nur rund zehn Prozent der Stimmen für einen Sitz im Europäischen Parlament im Vergleich zu einem Deutschen.

Das sind nur einige Punkte, die Deutschland in die von Macron neu entfachte Diskussion um die Zukunft Europas einbringen müsste. Es wird sich dann schnell herausstellen, ob es ihm wirklich ernst ist mit Europa, oder ob er "unter dem blauen Mantel mit den goldenen Sternen ein blau-weiß-rotes Hemd" trägt, wie Ulrich es am Beginn seines Artikels als eine Möglichkeit in den Raum stellt. Volker Kirchdörfer, Saarlouis

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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