Familien:Mama, Papa, Stress

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Auch die Väter können Elternzeit nehmen und die Kinder versorgen. Doch warum tun viele das immer noch nicht? Leserinnen und Leser liefern zu diesem gesellschaftspolitischen Streitthema wichtige Ergänzungen.

SZ-Zeichnung: Karin Mihm (Foto: N/A)

" Lasst Papa mal ran" vom 6./7. Oktober:

Nur der Sonntag gehört uns

Familie und die entsprechende Alltagsorganisation sind bei uns die Themen. Hier die nackten Fakten: Wir sind beide Mitte dreißig, haben ein Kind. Elternzeit: Jeder sieben Monate und auch sonst ist alles fair aufgeteilt. Es ginge gar nicht anders. Arbeit: Beide Vollzeit, gegenläufige Schichten, damit einer das Kind in den Kindergarten bringen und der andere es von dort wieder abholen kann. Unsere Jobs erlauben weder Homeoffice noch arbeitszeitliche Flexibilität. Wir Erwachsene haben mehr Kontakt mit den Kollegen als miteinander als Familie. Nur der Sonntag gehört uns dreien. Wir verdienen zu wenig, um in Teilzeit zu gehen, und zu viel, um staatlich alimentiert werden zu können. Ich nenne das Ganze gern die Vollzeitfalle. Wir brauchen das Geld, das wir verdienen jetzt und nicht irgendwann, wenn das Kind groß ist. Deshalb arbeiten wir jetzt in Vollzeit und stocken nicht später wieder auf.

Und hier die Fragen: Soll es das jetzt gewesen sein? Was ist denn nun mit uns als strampelnder Familie? Was kommt zurück? Wo bleibt die (staatliche) Unterstützung, die uns Raum und Zeit füreinander schafft? Die so herrlich romantisierte faire Aufteilung aller Herausforderungen des Alltags ist tückisch und notwendig zugleich. Sie erschafft ein Räderwerk des bloßen Funktionierens (gut für Gesellschaft und Staat) und vergisst, dass Familie Raum für Kreativität und Muße braucht. Es geht bei Kindern und Familie nicht nur um Gutverdiener, die Teilzeit in Erwägung ziehen können. Es gibt auch die ganz normalen Berufe, am unteren Rand der mittleren Einkommen, wenn man so will. Gerne würden wir "nur" vier Tage, das heißt 30/32 Stunden in der Woche arbeiten. Es geht aber nicht ohne einen finanziellen Ausgleich dafür. Schließlich ziehen wir (alle Eltern) neue Steuerzahler, also Arbeitnehmer und Wähler heran.

Wie wäre beispielsweise ein Familiengrundeinkommen? Vielleicht in Stufen ausschleichend mit Zunahme der kindlichen Selbstständigkeit nach Schuleintritt. Es muss hier staatlicherseits einfach noch viel mehr passieren.

Katja Hrdina, Berlin

Bitte nicht abqualifizieren

Im Mittelteil des Artikels geht die Autorin kurz darauf ein, was die Eltern an ihre Kinder der jetzigen Elterngeneration weitergegeben haben. Ihre sehr kurze Darstellung ist meines Erachtens zu pauschal. Meine Mutter, Jahrgang 1934, hat mir zum Beispiel neben vielen anderen Dingen mitgegeben, dass es wichtig für Frauen ist, einen Beruf zu erlernen und selbständig zu sein. Gleichzeitig bestand sie in Gesprächen darauf, dass nicht nur Berufstätige arbeiten, sondern auch Hausfrauen/Hausmänner. In Ihrem Artikel klingt das jedoch ganz anders: "... die gluckenden Frauen, die gar nicht arbeiten wollen", "Entscheidet selber, ob Ihr beide arbeiten wollt" oder "dass sich Arbeiten für verheiratete Frauen nicht lohnt". Bitte nicht die Frauen durch die Wortwahl abqualifizieren!

Karin Feldmann, Aachen

Gleich mit gerecht verwechselt

Ja, wir wollen Wahlfreiheit! Aber echte Wahlfreiheit! Es verärgert uns, wenn "gleich" mit "gerecht" verwechselt wird und traditionelle Familien als rückständig und unemanzipiert hingestellt werden. Politisch geben wir der Autorin dabei weitgehend recht: Ehegattensplitting gehört abgeschafft, die vielen Versuche, familienpolitisch durch diverse Sonderzahlungen (ziemlich erfolglos) Einfluss zu nehmen, gehören vereinfacht.

Aber warum sollen Familien nicht selbst wählen können, nach welcher Art sie die Arbeiten aufteilen wollen? Warum ist das schwedische Modell angeblich besser, wenn es wieder die Wahlfreiheit einschränkt, indem die Prämienzahlungen von der Aufteilung der Elternzeit abhängen - beim Ehegattensplitting wurde diese einseitige Bevorzugung noch als katastrophal und ungerecht hingestellt? Es mag zwar "gleicher" sein, wenn Arbeit in zwei genau gleiche Portionen aufgeteilt wird, "gerechter" ist dies aber sicher nicht und qualitativ wertvoller auch nicht. Uns ist es lieber, wenn ein Partner sehr gut kochen kann, der andere dafür die Organisation der Kindertermine meistert, als dass beide nur Spiegeleier kochen und das gemeinsame Organisieren misslingt. Auch dass bei uns die Ehefrau weniger Einkommen nach Hause bringt und damit auch weniger Rente erhalten wird, stört uns nicht, weil wir uns nicht als Konkurrenten sehen. Unser Gesamtsystem Familie leidet nicht unter einer deutlichen Arbeitsteilung, sondern profitiert davon.

Wer die angeblich so moderne Gleichmacherei prüft, der verstrickt sich sehr schnell in Widersprüche. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass ein traditionelles Familienbild eben nicht nur Nachteile hat. Den "Schnuller unter dem Sofa" kann Papa auch nach Feierabend mal suchen. Das Stillen aber kann er schlecht übernehmen, weshalb wir es ziemlich unverantwortlich finden, dass Neuseelands Premierministerin nur sechs Wochen zu Hause blieb .

Helgund und Holger Nachtigall, Sachsenried

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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