Architektur:Die Macht der Stars

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Sie planen Jahrhundertbauwerke, zum Beispiel das Louvre Abu Dhabi, doch um die Bedingungen auf den Baustellen kümmern sich die Stararchitekten nicht. Einer von ihnen meinte jüngst im SZ-Interview, man habe null Macht. Das glaubt ein Leser nicht.

"Wir Architekten haben null Macht!" vom 20. November und "Blendend weiß" vom 11./12. November:

Simple Schutzbehauptung

Wenn der österreichische Stararchitekt Wolf D. Prix von Coop Himmelb(l)au im SZ-Interview darstellt, dass Architekten keinen direkten Einfluss auf die Arbeitsbedingen ihrer Baustellen haben, so ist das vordergründig erst einmal richtig. Die Arbeitsbedingungen werden nicht von den Architekten, sondern von den Auftraggebern und den Baufirmen diktiert. Gegenüber den Äußerungen seines Kollegen Jean Nouvel kann auch als Fortschritt gesehen werden, dass Prix die miserablen Arbeitsbedingungen auf den Baustellen in Asien und in der arabischen Welt wenigstens zur Kenntnis nimmt; Nouvel wollte sich dazu ja überhaupt nicht äußern.

Jedoch zu sagen, Architekten könnten sich mit diesem Thema nur auseinandersetzen, wenn sie ihre Tätigkeit als Architekten einstellten, darf als simple Schutzbehauptung betrachtet werden. Gerade der enge Kreis internationaler Stararchitekten - etwa 20 bis 30 Büros -, die sich auch alle noch dazu sehr gut kennen, hätte ideale Möglichkeiten, sich zusammenzutun und ihren Bauherrn Mindestanforderungen abzuverlangen. Es müsste nur einer mal die Initiative ergreifen. Die Bauherren würden gerade nicht auf die zweite Liga zurückgreifen, geht es ihnen doch eben darum, sich mit genau diesen Stararchitekten zu schmücken.

Büros, die sich einer solchen Initiative verweigern wollten, würden es sich angesichts des zu erwartenden Presseechos hierzulande sicher gut überlegen. Dazu ist zu sagen, dass alle diese Büros Bauvolumina von mehreren Milliarden Euro realisiert und dafür auch die entsprechenden Honorare kassiert haben. Da wäre der Verlust von ein paar Aufträgen vorübergehend gerade noch zu verschmerzen.

Offensichtlich sind die Zeiten, in denen im Berufsstand der Architekten soziale Verantwortung zum Berufsethos gehörte, definitiv vorüber. Initiativen wie "Architekten gegen Bunkerbau" in den 80er-Jahren scheinen heute unmöglich zu sein.

Sollten sich die sogenannten Stararchitekten aber doch noch zu einer Reaktion auf die katastrophalen Arbeitsbedingungen durchringen, wäre ihnen zu raten, nach der Frage, unter welchen Bedingungen ihre Bauwerke errichtet werden, auch noch zu diskutieren, was für Bauwerke sie in diesen Länden errichten. Geht es da doch meistens um ausschließlich imagefördernde "Signature-Buildings" ohne Bezug zum Ort des Geschehens und zur heimischen Bevölkerung, ganz nach der geradezu asozialen Parole eines pseudoliberalen Pluralismus: "Anything goes". Christoph Randl, München

Diffamierung der Bauindustrie

Natürlich hat Wolf D. Prix recht, wenn er sagt, der Architekt habe bei Baumaßnahmen keinen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen. Die liegen immer in der Sphäre des Bauunternehmens und des Auftraggebers. Daraus aber zu schließen, die Bauwirtschaft sei neben dem Waffenhandel die kriminellste Wirtschaft, ist wirklich völlig daneben und eigentlich eine Frechheit. Natürlich gibt es unbestritten, insbesondere im außereuropäischen Ausland, zum Teil unwürdige Arbeitsbedingungen. Das gilt aber nicht nur für die Bauwirtschaft, sondern auch für andere Industriezweige wie beispielsweise die Textilindustrie.

Arbeitsbedingungen sind aber nur ein Teil des Baugeschehens. Diesen Teilaspekt zur Grundlage der Diffamierung einer ganzen Branche zu machen ist auch für einen Architekten unverantwortlich, er müsste es eigentlich besser wissen. Insbesondere was Deutschland betrifft, möchte ich auf das Wertemanagement der Bauwirtschaft verweisen, einer Initiative des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Diese Initiative wurde vor über 25 Jahren ins Leben gerufen, um solchen pauschalen Vorurteilen entgegenzuwirken. Eine Vielzahl von Bauunternehmen der verschiedensten Größe hat sich hier zusammengeschlossen. Richard Weidinger, Kempten

Macrons Dankesrede - ein Hohn

In Gedanken an Laura Weißmüllers ausführlichen und überzeugenden Bericht über die erbarmungswürdigen Zustände der Arbeiter, die das Weltmuseum, den sogenannten Louvre in Abu Dhabi, errichtet haben - was sicher allen Beteiligten bekannt war - erschien mir die überschwängliche Dankesrede des französischen Präsidenten an die Vereinigten Arabischen Emirate geradezu wie ein Hohn. Man müsste den Zugang zu diesem Museum so lange boykottieren, bis alle Beteiligten auf einer Tafel dort genannt werden, denn ohne sie gäbe es kein Museum. Alle Mitarbeiter und Handwerker aus Pakistan, Bangladesch, Indien oder woher auch immer - mit deren täglichem Einsatz über Monate hinweg das Bauwerk überhaupt erst erstehen konnte - sie alle müssten dort genannt werden. Das wäre das Mindeste, was man ihnen noch Gutes tun könnte. Und wer weiß, es könnte auch ein Kunstwerk werden, noch dazu eines aus der Jetztzeit! Sylvia Kekulé, München

© SZ vom 05.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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