Umfrage:Was Studenten wollen

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Anerkennung, Aufstieg, Geld: Welche Wünsche Studienanfänger für ihre Zukunft haben.

Nicola Holzapfel

So verschieden ihre Fachrichtungen sind, so ähnlich sind ihre Berufs- und Lebensziele. Ob Studienanfänger nun Arzt oder Ingenieur, Lehrer oder Jurist werden: Sie wollen später Karriere machen und gut verdienen. Das zeigt eine Umfrage des Hochschulinformationssystems (HIS) unter Studienanfängern, die im Wintersemester 2003 ein Studium aufgenommen haben.

"Ich strebe an, gut zu verdienen": Dieses Ziel haben 80 Prozent aller Studienanfänger. (Foto: N/A)

Mediziner und Studierende künstlerischer Fächer sind am wenigsten an einem guten Verdienst interessiert. Angehende Ärzte legen mehr Wert darauf, "ein anerkannter Fachmann zu werden". Gemeinsam mit den Künstlern ist ihnen, dass sie "sich ständig neuen Herausforderungen stellen" und sich auch während des Berufslebens weiterbilden wollen. Am wichtigsten ist den Medizinstudenten, viel mit Menschen umzugehen.

Wunsch und Wirklichkeit

Bei den Rechtswissenschaftlern dominieren dagegen klar die Karriereambitionen. 89 Prozent gaben an, gut verdienen zu wollen. 88 Prozent wollen über gute Aufstiegsmöglichkeiten verfügen und 81 Prozent eine leitende Funktion einnehmen. Für manchen könnten diese ehrgeizigen Wünsche an der Wirklichkeit des Arbeitsmarkts scheitern. Denn Berufseinsteiger tun sich derzeit schwer, einen adäquaten Job zu finden. Im vergangenen Jahr sank die Nachfrage nach Juristen weiter, heißt es im Akademiker-Jahresbericht der Bundesagentur für Arbeit: "2004 war für das Gros der Bewerber erneut ein schlechtes Jahr."

Die Jura-Studenten wissen das. Wie die Umfrage zeigt, schätzt nur ein Drittel die späteren Jobchancen als günstig ein. Doch sie scheinen bereit, viel für ihren Karrieretraum zu geben: 71 Prozent wollen - "in fachlicher Hinsicht Überdurchschnittliches" leisten, auf Freizeit legen sie vergleichsweise wenig Wert.

Immer offen

Mit ihrer Leistungsorientierung sind die Juristen nicht allein. Mehr als drei Viertel der Studienanfänger aller Fachrichtungen wollen sich "ständig neuen Herausforderungen" stellen. Fast zwei Drittel aller Erstsemester möchten Überdurchschnittliches leisten. Auch Schlagworte wie Mobilität und Flexibilität haben sie sich als Lebensziele zu eigen gemacht: 42 Prozent wünschen sich, später im Ausland zu arbeiten, 51 Prozent wollen immer offen sein "für neue Betätigungsmöglichkeiten" und 33 Prozent würden immer dort hinziehen, wo sich die besten beruflichen Möglichkeiten bieten.

Vielleicht sind diese Umfrageergebnisse die Antwort auf den derzeitigen Arbeitsmarkt für Akademiker. Gerade mal die Hälfte der Studienanfänger schätzt die Lage als günstig ein. Am optimistischsten sind die angehenden Mediziner. Bei ihnen ist seit dem Wintersemester 2000 der Anteil der Studierenden, die ihre Beschäftigungsmöglichkeiten als günstig einschätzen, von 16 auf 73 Prozent gesprungen. Aber auch bei den Ingenieur- und Naturwissenschaftlern überwiegt die positive Stimmung.

Auffallend ist, dass Frauen den Arbeitsmarkt kritischer gegenüberstehen als ihre männlichen Kommilitonen, und das über alle Fachrichtungen. Das ist besonders bei den Ingenieurwissenschaften der Fall, wo 75 Prozent der Männer, aber nur 45 Prozent der Frauen die Situation positiv bewerten.

Die Einschätzung der späteren Jobchancen schlägt sich auch auf die Studienwahl nieder. Zwar wählt der Großteil sein Studienfach nach Interesse am Fach, nach seinen persönlichen Neigungen und fachlichen Begabungen, aber die Aufmerksamkeit gegenüber dem Arbeitsmarkt steigt. "Studienanfänger versuchen beides auf einen Nenner zu bringen. Sie folgen ihren Neigungen und Begabungen mit zunehmendem Seitenblick auf den Arbeitsmarkt", sagt Christoph Heine vom HIS.

Am stärksten achten Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, Ingenieure und Naturwissenschaftler darauf, ob ihre Studienrichtung von Arbeitgebern nachgefragt wird.

Ganz der Papa

Auch der Bildungsstand der Eltern beeinflusst die Studienwahl. So werden die Berufe Arzt und Apotheker von Studienanfängern überproportional angestrebt, wenn mindestens ein Elternteil einen Uni-Abschluss hat.

Die klassischen Aufsteigerberufe von Kindern aus Familien mit Hauptschulabschluss sind Ingenieur und Sozialberufe, also etwa Sozialarbeiter oder Sozialpädagoge. Wie die HIS-Umfrage zeigt, ändert sich das nun leicht. Der Ingenieur wird etwas seltener angestrebt, dafür steigt ihr Interesse an Berufen wie dem der Lehrer.

Die soziale Zusammensetzung der Studienanfänger ändert sich aber nicht nur in einzelnen Fächern, sondern an den Hochschulen insgesamt. "Hochschulen sind traditionell Institutionen der intergenerationalen Statusreproduktion von Akademikern. Der Anteil von Akademikerkindern unter den Studienanfängern ist zwar auch gegenwärtig mit 53 Prozent sehr hoch, seit Ende der 90er Jahre bzw. seit Beginn des neuen Jahrtausends gibt es jedoch Hinweise auf eine Umkehrung dieses Trends: Während der Anteil der Studienanfänger mit mindestens einem Elternteil mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss seither rückläufig ist, steigt der Anteil der Erstsemester deutlich, die aus einem Elternhaus mit Realschulabschluss oder Hochschulreife als höchstem Bildungsabschluss kommen", sagt Christoph Heine vom HIS.

Seit dem Wintersemester 2000 ist auch der Anteil der Arbeiterkinder von 13 auf 17 Prozent gestiegen, während der der Beamtenkinder von 19 auf 16 Prozent zurückgegangen ist. "Diese Veränderungen liegen jedoch fast noch in einer normalen Schwankungsbreite. Man muss abwarten, was bei der nächsten Befragung herauskommt und ob sich diese Veränderungen bestätigen", sagt Heine.

Das Leben danach

Bei der Wahl der Hochschulen wollen die meisten Studienanfänger nicht weit von den Eltern fort. Für zwei Drittel ist die Nähe zum Heimatort ein entscheidendes Kriterium. Dennoch spielen neben dem Studienangebot, Ausstattung und Ruf der Hochschulen eine zunehmende Rolle. Fast jeder Dritte bezieht auch Rankings in seine Überlegungen mit ein.

Das Freizeitangebot am Hochschulort ist immerhin noch für jeden Vierten wichtig. Dass es nicht nur ein Leben neben dem Studium, sondern auch neben dem Job gibt, hoffen schon die Studienanfänger. Allen Karriereambitionen zum Trotz wünschen sich 38 Prozent, später viel Freizeit zu haben. Und mehr als jeder zweite nimmt sich vor, sich später nicht von seinem Beruf vereinnahmen zu lassen.

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