Umfrage:Ein Plus für Porsche

Lesezeit: 2 min

Eine Studie hat das Image von Firmen als Arbeitgeber untersucht.

Viola Schenz

(SZ vom 26.4.2003) Stell dir vor, die Bahn schreibt eine Geschäftsführer-Stelle aus, und keiner bewirbt sich. In Zeiten der Rekordarbeitslosigkeit gilt dieses Szenario als unwahrscheinlich, in den nächsten Jahren kann es sich jedoch als real erweisen. Dann nämlich dürften aufgrund der demographischen Entwicklung Fach- und Führungskräfte knapp werden. Und dann hätten nur attraktive Unternehmen eine Chance auf attraktive Kandidaten. Die wiederum stufen die Deutsche Bahn nicht als attraktives Unternehmen ein.

Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler vom Lehrstuhl Marketingmanagement der Handelshochschule Leipzig. Für 55 Unternehmen, die zu den jeweils Größten ihrer Branche gehören und die in Deutschland rekrutieren, berechneten sie Attraktivitätswerte. Untersucht wurden unter anderem Banken, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Unternehmensberatungen und Kanzleien sowie Elektro-, Chemie, IT- und Automobilunternehmen. Heraus kam der nach eigenen Angaben bundesweit erste, so genannte Corporate Attractiveness Index.

Verführerische Möglichkeiten

Das Fazit der Leipziger: Können Firmen in den Köpfen der qualifizierten Nachwuchskräfte einen positiven Eindruck hinterlassen, zahlt sich das spätestens dann aus, wenn Talente-Mangel zur Wachstumsbremse wird. Unternehmen, die als Arbeitgeber einen guten Ruf genießen, sind für den Talente-Wettbewerb allerdings gut gerüstet.

Als verführerisch gilt laut Studie ein Arbeitgeber, der ein freundschaftliches Arbeitsklima bietet sowie herausfordernde Aufgaben und gute Aufstiegsmöglichkeiten. Aktienoptionen und Shareholder-Value sind inzwischen irrelevant, ebenso die Größe der Firma. Das Kriterium "Einstiegsgehalt" landete im unteren Mittelfeld.

Befragt wurden 2821 Studenten unterschiedlicher Fachrichtungen, so genannte High Potentials, also besonders qualifizierte Nachwuchskräfte. Sie wurden stichprobenartig aus 10.000 Studenten ausgewählt, die aufgrund überdurchschnittlicher Studienleistungen, Praktika und Fremdsprachenkenntnissen zum Stipendiaten-Pool "E-Fellows" gehören und durchschnittlich 23 Jahre alt sind.

Anspruchsvoll, elitär, erfolgreich

Klarer Sieger beim Attraktivitätswettbewerb ist die Automobilindustrie mit der Porsche AG als Spitzenreiter. Es folgen DaimlerChrysler und BMW. Ebenfalls im Spitzenfeld landen Nokia, Siemens, Robert Bosch und McKinsey. Unter den Kanzleien profilieren sich Clifford Chance Pünder und Freshfields Bruckhaus Deringer.

Das Mittelfeld im Corporate Attractiveness Index belagern unter anderem der Otto-Versand, RWE, Kraft Foods, Aldi, die HypoVereinsbank, Henkel oder EON, aber auch die Unternehmensberatungen, die eigentlich als sehr begehrte Arbeitgeber gelten.

Thyssen Krupp, die DekaBank und die Deutsche Telekom werden dagegen als unattraktiv eingestuft. Schlusslicht ist die Deutsche Bahn.

Offensichtlich, so die Autoren der Studie, hat das Marken-Image eines Produkts einen starken Einfluss auf das Unternehmens-Image als potenzieller Arbeitgeber. So lässt sich erklären, dass die Prestige-Marken der Automobilindustrie so gut abschneiden. Porsche wird als "anspruchsvoll", "elitär" und "erfolgreich" empfunden, die Deutsche Bahn hingegen als "unflexibel", "mittelmäßig" und "erfolglos". Allerdings könnte bei solchen Ergebnissen auch eine Rolle spielen, dass zwei Drittel der befragten Studenten männlichen Geschlechts waren.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: