Übergriffige Kollegen:Moment mal!

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Sie reden dazwischen, mischen sich ein oder lästern: Wie man Mitarbeiter, die Grenzen überschreiten, in die Schranken weist.

Da ist der ältere Kollege, der immer einen zweideutigen Spruch auf den Lippen hat. Oder der junge Ehrgeizige, der mitten ins Kundengespräch platzt. Fast jeder kennt Kollegen, die gelegentlich über das Ziel hinausschießen. Psychologen und Karriere-Berater geben Tipps, wie man heikle Situationen klärt.

Unangemessene Anrede. Schätzelein, Mädchen, Sonnenschein: Besonders ältere Kollegen finden oft nichts dabei, Frauen mit Kosenamen oder Verniedlichungen anzusprechen. Der Kölner Karriere-Coach und Buchautor Winfried Prost rät zur Null-Toleranz-Taktik: "Machen Sie sofort und unmissverständlich klar, dass Sie so nicht angesprochen werden möchten." Dabei helfe es, dem Kollegen zu erklären, wie die Worte ankommen. "Sie reden mit mir wie mit einem kleinen Kind, aber wir sind Kollegen und sollten uns auf Augenhöhe begegnen." Bleibt der Kollege stur, helfe es, die Problematik zu vergrößern: "Sagen Sie dann mal laut vor der ganzen Belegschaft: Ach, ich bin also Ihr Mäuschen, Herr Müller? Gilt das für die anderen Kollegen hier auch?" Wem dieser Auftritt zu offensiv ist, der könne auch einzeln die Kollegen befragen. "Wenn die alle so angesprochen werden, kann man gemeinsam um ein Gespräch beim Vorgesetzten bitten."

Ungebetene Einmischung. Der Kollege schaut in Akten, die ihn nichts angehen oder mischt sich ungefragt in Kundengespräche oder Projekte ein. "Menschen wiederholen erfolgreiches Verhalten", sagt Johannes Hoppe, Diplom-Psychologe aus Stadthagen bei Hannover. Wer unter einem übergriffigen Einmischer leidet, sollte zunächst das eigene Verhalten betrachten: Lasse ich mir zu viel gefallen? "Nehmen Sie sich vor, in der nächsten Situation ,Stopp' zu sagen", rät Hoppe. Im Kundengespräch oder Meeting ist das vielleicht nicht möglich, aber danach: "Bitten Sie den Kollegen um ein kurzes Gespräch und sagen Sie ihm freundlich, aber bestimmt, dass Sie so etwas nicht noch einmal erleben möchten." Ist sich dieser keiner Schuld bewusst, helfen klare Vereinbarungen für die Zukunft. Im Kundengespräch keine Störung! Im Meeting ausreden lassen! Vor Akteneinsicht nachfragen!

Unfreundliche Ausgrenzung. Alle zwei Monate ist Kegelabend - nur man selbst wird nicht eingeladen? Wer absichtlich von den Kollegen ausgegrenzt wird, sollte sich fragen, ob in der Vergangenheit etwas schiefgelaufen ist. "Hat man schon ein paar Mal abgesagt oder den Eindruck erweckt, nicht gesellig zu sein?", sagt Juliane Ade, Mediatorin aus Berlin. Um wieder Anschluss zu finden, sei es hilfreich, erst mal mit einzelnen Kollegen eine bessere Beziehung aufzubauen, etwa mittags in die Kantine zu gehen. "Im Zweifel muss man aber akzeptieren, nicht dabei zu sein." Besprechen die Kollegen bei ihren privaten Treffen arbeitsbezogene Themen, ist das ein gesondertes Problem. "Dann kann für den Ausgeschlossenen die Arbeit leiden, weil ihm Informationen fehlen", sagt Ade. Sie empfiehlt dann ein klärendes Gespräch, am besten gemeinsam mit dem Vorgesetzten. Dabei müsse die Situation beschrieben werden, wie sie ist ("Die anderen treffen sich") und nach Möglichkeiten zur Integration gesucht werden. "Vielleicht können die Kollegen vereinbaren, dass Privates privat bleibt oder man sich einmal im Monat zu einem gemeinsamen Stammtisch trifft."

Unschöne Lästereien. Manche Kollegen geben sich wenig Mühe, ihre Lästereien über andere zu verbergen. Ist man selbst das Lästeropfer, kann sich der Gang zur Kaffeeküche wie ein Spießrutenlauf anfühlen. "Es ist ein ganz normaler Gruppenprozess, dass getratscht wird", sagt Psychologe Hoppe. Warum ausgerechnet man selbst Zielscheibe des Spottes ist, lasse sich nicht immer klären. "Viel wichtiger ist aber auch die Frage, warum man sich davon so angegriffen fühlt", sagt Hoppe. Besonders hilfreich sei es, eine klare Haltung zu zeigen, zum Beispiel, indem man die Schuhe, über die bereits lautstark gelästert wurde, besonders selbstbewusst trägt. "Wer sich nicht provozieren lässt, wird schnell langweilig."

Unsittliche Berührungen. Am Kopierer legt sich plötzlich eine Hand auf die Schulter, auf der Betriebsfeier gibt es einen Klaps auf den Po - das geht zu weit. Betroffen sind vor allem Frauen. "Spiegeln Sie dem übergriffigen Kollegen sein Verhalten", rät Prost. Ein erster Schritt sei es, den Kollegen sofort auf die Berührung anzusprechen: "Warum geben Sie mir einen Klaps? Finden Sie das unter Kollegen angemessen?" Mit dieser Frage werde die Situation in Worte gekleidet, der Kollege müsse sich positionieren. Findet er sein Verhalten weiterhin korrekt, sei es wichtig, andere Kollegen miteinzubeziehen: "Hey Anke, der Herr Müller findet es richtig, mir auf den Po zu hauen. Was sagst du dazu?" Prost ist überzeugt: "Diese Veröffentlichung der unsittlichen Berührung bringt den Kollegen in eine peinliche Situation, die er so kein weiteres Mal provozieren wird."

Bettina Levecke/dpa

© SZ vom 27.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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