TV-Karriere:Berufswunsch: Fernsehkoch

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Fernsehtauglich: Der Berliner Meisterkoch Ralf Zacherl präsentiert in seiner Show unkomplizierte Gerichte. (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Brutzeln vor Kameras hat nur wenig mit dem Arbeitsalltag am Herd zu tun. Viele unangenehme Tätigkeiten werden hier oft ausgeblendet.

Von Wilfried Urbe

So viel geschnippelt, gekocht und angerichtet wurde im deutschen Fernsehen noch nie. Ob Coaching, Casting, Entertainment - die Variationen der Formate sind zahllos. "Auch wenn Kochshows boomen, nur in einem Drittel aller Haushalte wird noch regelmäßig gekocht", sagt René Jamm, Produzent bei Warner TV Deutschland, "Kochsendungen schaffen ein harmonisches, freundliches und familiäres Umfeld, das trägt zur Popularität bei."

Dabei hat so mancher Fernseh-Gastronom mit seinem ursprünglichen Metier gar nichts mehr zu tun, etwa Horst Lichter in der Trödel-Sendung "Bares für Rares". Christian Rach hingegen möchte nicht mehr als "Fernsehkoch" bezeichnet werden. Und Johann Lafer bedauert: "Wir Köche haben es im Fernsehen trotz unserer Präsenz nicht geschafft, die Vorteile dieses Berufs herüberzubringen. Mir schreiben zwar viele junge Leute, dass sie Fernsehkoch werden möchten, aber im Alltagsbetrieb geht es oft nicht so schnell. Ich habe mit Kartoffelschälen angefangen und erst mal lange Zeit Standardgerichte wie Gulasch von der Pike auf gelernt."

Auch dafür macht Christian Rach die Darstellung im Fernsehen verantwortlich: "Denn sie suggeriert ja, dass man innerhalb von wenigen Wochen Superstar werden kann." In der realen Welt kommt die Ernüchterung schnell: aufräumen, putzen, den Boden wischen - all diese Arbeiten sieht man im Fernsehen nicht.

Als Koch in Fernsehshows aufzutreten ist in der Branche zudem umstritten, wie Nelson Müller beobachtet hat. "Es gibt Neid oder Aussagen wie: Er ist nur noch im TV und kann nicht mehr in der Küche stehen. Aber bei mir boten Fernsehen und steigende Bekanntheit überhaupt erst die Möglichkeit, selbständig Gastronomie zu betreiben", sagt Müller. Ralf Zacherl wiederum hatte nie die Absicht, im Rampenlicht zu stehen. Er ist damit ein typischer Vertreter seiner Zunft. Denn wer Lust auf Menschen hat, geht eher in den Service.

Nachdem Jamie Oliver mit seinen Kochshows auf dem englischen Sender BBC gigantische Einschaltquoten erzielte, wurde auch in Deutschland nach einem fernsehtauglichen Pendant gesucht. Ralf Zacherl als jüngster Sternekoch mit seinem ungewöhnlichem Äußeren und seiner nasalen Sprechweise passte da genau ins Beuteschema der Produzenten. "Ich habe zuerst abgelehnt, aber meine Managerin hat mich dann doch überredet", sagt er.

Auch außerhalb der TV-Studios müssen Köche heute ihre Zurückhaltung aufgeben, wenn sie erfolgreich sein wollen. Es wird zunehmend erwartet, dass sie vor die Gäste treten und sich selbst präsentieren.

Die Fernsehköche und ihre Kollegen in der Realität sind sich jedenfalls sicher: Ihr Beruf ist trotz mancher Schwierigkeiten und Herausforderungen einer der schönsten überhaupt. Er verbindet Kreativität, Genussfreude und Handwerk. Und einer der größten Vorteile: Man kann überall auf der Welt arbeiten.

© SZ vom 24.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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