Traumberuf Unternehmer:Im Gründungsfieber

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Wie überzeugen wir Investoren? Um ein Start-up zu gründen, ist Fachwissen vonnöten. Im MBA-Studium kann man es erwerben. (Foto: Florian Küttler/Mauritius Images)

Immer mehr Menschen wollen ein Start-up auf den Weg bringen und schreiben sich für spezielle Entrepreneurship-Studiengänge ein.

Von Benjamin Haerdle

Matthias Brucke gründete im Jahr 2013 das Hightech-Unternehmen Embeteco, führt 15 Mitarbeiter, koordiniert Projekte mit mehr als 60 Partnern - und studiert derzeit an der Universität Oldenburg im MBA-Studiengang Innovationsmanagement und Entrepreneurship. "Mir geht es darum, mich persönlich weiterzubilden", sagt der 51-jährige Diplomingenieur. Circa 20 Jahre arbeitete Brucke im Bereich Forschung und IT. "Ich bin Experte bei vielen Fragen rund um technische Innovationen. Was mir fehlt, sind vor allem vertiefte Kenntnisse im Management, Marketing, Controlling und Finanzierung."

MBA-Studiengänge, die sich speziell mit den Themen Unternehmensgründung und Innovation beschäftigen, sind derzeit stark gefragt. Aus der aktuellen Ausgabe des internationalen Reports "Tomorrow's MBA" geht hervor, dass der Wunsch, Firmenchef zu werden, als Motiv für ein MBA-Studium zugenommen hat - ein Viertel der weltweit befragten MBA-Studierenden gab an, ein Unternehmen gründen zu wollen. Im Vorjahr waren es nur 20 Prozent. An der Studie nahmen 7000 Studenten aus mehr als 90 Staaten teil. Auch Deutschlands Hochschulen nehmen das Thema Unternehmensgründung ins Visier. Die FH des Mittelstands bietet etwa den MBA Innovation & Leadership an, die Graduate School Rhein-Neckar den MBA Business Innovation Management.

Seit dem Wintersemester 2017/18 kann man sich an der Universität Oldenburg für den viersemestrigen MBA Innovationsmanagement und Entrepreneurship einschreiben. "Zu gründen ist derzeit ein großes Thema: Viele haben den Mut dazu, Barrieren für Gründer schwinden, der Informationszugang wird besser", sagt Christina Meyer-Truelsen, die den berufsbegleitenden MBA-Studiengang koordiniert. Die Universität Oldenburg sehe sich als Gründerhochschule, mehrere Professuren beschäftigten sich mit dem Thema, es gebe am Ort zahlreiche wissenschaftliche Unterstützungsangebote sowie Anlaufstellen für Existenzgründer. Grundlagen des Innovationsmanagements, Grundlagen des Entrepreneurship, Leadership, Innovationskooperationen oder Methodisches Erfinden - das seien die Module, die MBA-Teilnehmer am meisten interessierten, sagt Meyer-Truelsen.

Drei der Oldenburger MBA-Studierenden, darunter Matthias Brucke, haben bereits gegründet. Seine Firma berät unter anderem Unternehmen zur Digitalisierung. "Wenn mir PR-Leute oder Controller als Kunden oder bei möglichen Auftragsgebern gegenübersitzen, will ich abschätzen können, wie sie ausgebildet wurden und warum sie wie argumentieren", sagt er. Dafür brauche er fundierte, speziell auf das Thema Innovation zugeschnittene Kenntnisse, denn nur mit klassischem Managementwissen könne er keine Entscheidungen treffen.

Bereits seit 2007 bieten die Technische Universität München (TUM) und Unternehmer-TUM den Executive MBA in Innovation and Business Creation an. Unternehmer-TUM ist das Zentrum für Innovation und Gründung der Technischen Universität München, das Gründer von der ersten Idee bis hin zum Börsengang begleitet. "Damals war das Thema Gründertum in Deutschland noch unterentwickelt. Wir hatten aber einen entsprechenden Bedarf für Berufstätige gesehen", sagt Bernhard Kraus, Managing Director Executive Education an der TUM. Der MBA richte sich an Fach- und Führungskräfte, die sich für die Themen Innovationsmanagement, Entrepreneurship und Geschäftsmodellentwicklung interessieren. Wie schreibt man einen Businessplan, wie managt man Cashflow, wie überzeugt man Kunden und Investoren, wie stellt man einen Finanzplan auf? Allesamt Fragen, auf die der Studiengang Antworten liefert. Die Studieninhalte hätten sich im Vergleich zu vor zehn Jahren geändert. "Das Pitchen, also wie ich meine Idee in wenigen Minuten an potenzielle Investoren vermittele, wird immer wichtiger", nennt Kraus ein Beispiel. Auch Themen wie Verhandlungsführung, Interviewtraining oder der Aufbau von Netzwerken seien stärker in den Mittelpunkt gerückt.

Doch nicht jede Hochschule setzt auf einen speziellen MBA für Gründer. "Wir betrachten den MBA als General-Management-Programm, in dem wir unsere Studierenden in allen Facetten der Unternehmensführung ausbilden", sagt Ralf Bürkle, Pressesprecher der Mannheim Business School. Themen wie Innovation und Entrepreneurship seien in Form von Vorlesungen, Wahlkursen, Workshops oder Modulen fest verankert in den Lehrangeboten der Mannheimer MBA-Programme. Im Mannheim & Tongji Executive MBA, der in Kooperation mit der Tongji-Universität in Schanghai angeboten wird, gebe es das elftägige Modul Innovationsmanagement, das sich mit Themen wie Entwicklung von Innovationen, geistigem Eigentum oder Unternehmensethik beschäftige.

Ähnlich sieht man das an der Leipziger Handelshochschule (HHL). "Ein Gründer ist nichts anderes als ein General Manager, der einen übergreifenden Blick haben, Werte schaffen und wissen muss, wie sein Unternehmen in Zukunft wachsen soll", sagt HHL-Rektor Stephan Stubner. Die Hochschule habe sich bundesweit einen Ruf auf dem Gebiet des Unternehmertums erarbeitet, dafür brauche es keinen Extra-MBA. Auch der Wirtschaftswissenschaftler hat registriert, dass das Interesse der Studenten am Thema Gründung enorm gestiegen ist: "Ein Großteil unserer Teilnehmer wählt Vertiefungsfächer, die in diese Richtung gehen, wie Seminare zur Businessplanung", sagt er. Mehr als die Hälfte der HHL-Studierenden macht Praktika bei Start-ups. Die Studenten kommen auf Veranstaltungen mit erfolgreichen Gründern zusammen. Das wirkt sich offenbar motivierend aus. Mehr als 250 Start-ups haben HHL-Absolventen gegründet, mehrere Hundert Millionen Euro Venture Capital eingeworben und mehr als 10 000 Jobs geschaffen, seit die HHL vor einigen Jahren begann, Gründer verstärkt zu fördern.

Auch die ESMT Berlin verzeichnet gestiegenes Interesse an jenen Master-Programmen, die das Thema Innovation vertiefen. Das gelte sowohl für den Full-Time-MBA, den Executive MBA als auch für das Master-in-Management-Programm, bei dem bis zu 60 Prozent der Weiterbildungswilligen den Schwerpunkt "Innovative Management" wählen. Allerdings: "Nur auf Entrepreneurship und Innovation zu setzen, reicht nicht aus. Wir wollen unseren Studierenden eine gute Ausbildung bieten - mit allen wichtigen Management- und Leadership-Skills", sagt Marketingdirektor Rick Doyle. Dies gebe ihnen das notwendige Rüstzeug, um Unternehmen zu gründen und zu führen. Eine wichtige Rolle spiele dabei auch Space Shack, ein Coworking-Ort, der von zwei ESMT-Alumni geführt werde und ESMT-Studierenden und Alumni für Treffen und Veranstaltungen zur Verfügung stehe.

Auch an der HHL endet die Unterstützung für Gründer nicht mit dem Ende der Studien. So beteiligt sich die Business School am Gründerzentrum Spinlab, wo jungen Gründern durch Coaching und Mentoring geholfen wird. Und sie veranstaltet zudem zweimal pro Jahr bundesweit Unternehmertage bei HHL-Gründern mit Workshops und Diskussionen.

In Oldenburg erhofft sich Matthias Brucke vom Sommersemester an neue Erkenntnisse zum Thema Finanzen: Er will sich der Finanzierung von Innovationen und rechtlichen Aspekten, wie dem Patentschutz, widmen. "Da muss ich mich unbedingt noch weiterbilden", sagt er. Mitte des kommenden Jahres, so sein Plan, hofft er dann, den MBA in der Tasche zu haben.

© SZ vom 20.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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