Tarife:F&A: «Wings» und «Jump» lassen Lufthansa-Piloten streiken

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Frankfurt/Main (dpa) - Die Pilotenstreiks bei der Lufthansa sind in die neunte Runde gegangen. Von einer Lösung scheinen die Streitparteien weiter entfernt zu sein denn je. In dieser Woche will Lufthansa-Chef Carsten Spohr sein umstrittenes Billigkonzept vom Aufsichtsrat genehmigen lassen. Zuvor zeigen die Piloten noch einmal ihre Muskeln.

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Frankfurt/Main (dpa) - Die Pilotenstreiks bei der Lufthansa sind in die neunte Runde gegangen. Von einer Lösung scheinen die Streitparteien weiter entfernt zu sein denn je. In dieser Woche will Lufthansa-Chef Carsten Spohr sein umstrittenes Billigkonzept vom Aufsichtsrat genehmigen lassen. Zuvor zeigen die Piloten noch einmal ihre Muskeln.

Wie schmerzhaft sind die Streiks der Piloten für Lufthansa?

Sie nagen zumindest am Zuverlässigkeits-Nimbus der Fluggesellschaft, die es sich kaum leisten kann, dauerhaft als „Streikhansa“ dazustehen. Innerhalb der Streikzeit fallen mindestens 60 Prozent der Flüge aus, wobei schon Verbindungen der gar nicht bestreikten Lufthansa-Töchter in der Gesamtheit enthalten sind. Der Einsatz von Managern mit Pilotenschein bringt etwas Linderung, aber schon nach einem Flug müssen auch sie gesetzlich vorgeschriebene Pausen einlegen. Der Sonderflugplan richtet sich daher auf das strategische Ziel, zum Streikende am Mittwochmorgen möglichst viele Jets und Crews dort zu haben, wo sie nach Flugplan sein müssen.

Warum kommen beide Seiten nicht zu einer Lösung?

Das lag zu Beginn wohl auch an der Vielzahl der strittigen Themen. Rund 15 unterschiedlich komplexe Gegenstände von den Gehältern und Übergangsrenten über die Rechte der Personalvertretung bis hin zur Anrechnung von Überstunden waren aufgelaufen. So weit liege man in vielen Details aber gar nicht mehr auseinander, heißt es im Unternehmen. Über allem schwebt allerdings der von Lufthansa-Chef Carsten Spohr forcierte Umbauplan für den Konzern, gegen den sich die Piloten mit Händen und Füßen wehren.

Was hat Lufthansa vor?

Der Konzern kann nach Spohrs Meinung nur noch bei den bislang schon weltweit erfolgreichen Servicetöchtern für Catering und Technik sowie im Billigsegment wachsen. Im Kampf gegen Ryanair und Co. sollen die bereits vorhandenen Töchter Germanwings und Eurowings erweitert und um eine für die Langstrecke zuständige Schwester ergänzt werden. Diese „Wings-Familie“ würde knapp ein Viertel der Konzernflotte ausmachen und soll über eine Holding gesteuert werden, die nicht zwingend in Deutschland sitzen müsste. In den Wings-Gesellschaften mit ihren rund 150 Jets sollen nach britischen Billigvorbild deutlich schlechtere Tarifbedingungen herrschen als bei der Lufthansa-Mutter.

Was haben die Piloten dagegen?

Die Vereinigung Cockpit (VC) wirft Spohr offenen Tarifbruch vor, weil sich Lufthansa bei der Integration der Germanwings im Jahr 2004 verpflichtet habe, auch im Lowcost-Bereich nur Piloten innerhalb des Konzerntarifvertrags (KTV) zu beschäftigen. „Der Konzerntarifvertrag soll ausgehöhlt werden“, sagt VC-Sprecher Jörg Handwerg. Dafür gehört für ihn der Lufthansa-Plan, junge Piloten künftig mehr oder weniger allein für ihren Vorruhestand sparen zu lassen. Die Gruppe der KTV-Piloten würde immer kleiner. Schon heute stellen sie von gut 9000 Piloten im Konzern nur noch knapp 5400. Wenn zudem Wachstum nur noch bei den Billigtöchtern stattfände, schrumpften die Karrierechancen der KTV-Piloten. Sollte die Kerngesellschaft stagnieren, könnten junge Piloten erst sehr viel später Kapitän werden.

Kann die Lufthansa ihren Wings-Plan trotzdem durchziehen?

Spohr scheint dazu fest entschlossen und legt sein Konzept am Mittwoch dem Lufthansa-Aufsichtsrat zur Abstimmung vor. Das Management sieht keinen Tarifbruch, solange die neuen Billigflieger äußerlich nicht an die Mutter erinnern. Sie dürfen also weder Lufthansa-Schriftzug, Kranich-Logo oder LH-Flugnummer tragen. Tarifrechtlich kann die VC den Konzernumbau nicht verhindern, sondern höchstens wie bei den Übergangsrenten hinterher versuchen zu klagen.

Gibt es weitere Sparpläne bei der Lufthansa?

Innerhalb der Marke Lufthansa hat Spohr auch das Projekt „Jump“ vorangebracht. Bis zu 14 geleaste Maschinen sollen künftig zu sogenannten Warmwasser-Zielen fliegen, die Lufthansa sonst nicht mehr im Programm hätte. Die angemieteten A340 verbrauchen zwar vergleichsweise viel Sprit, kommen aber mit weniger Kabinenpersonal aus und werden zudem von beim Leasinggeber beschäftigten Piloten zu dessen Tarifen geflogen. Innerhalb der Wings-Familie könnte zudem das aktuelle Tarifniveau weiter abgesenkt werden, fürchtet die VC. So setze der Konzern aktuell die Eurowings-Piloten massiv unter Druck, noch schlechtere Tarifbedingungen als bislang zu akzeptieren.

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