Studieren in Ostdeutschland:Lockrufe aus dem Studentenparadies

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Surfertypen, Strand und Ketchup-Jagdwurstsoße - weil im Osten die Zahl der Abiturienten sinkt, versucht man, die Westdeutschen anzulocken.

Anna Mielke

Sandbedeckte Füße und gebräunte Beine, zwei junge Frauen sitzen entspannt mit einem Buch am Strand. ,,Lernen, wo andere Urlaub machen'' - so wirbt die Imagebroschüre des Landes Mecklenburg-Vorpommern für ein Studium im Nordosten der Republik. Mit einer Auflage von 30000 Stück liegt sie in norddeutschen Schulen aus; auch Anzeigen in westdeutschen Tageszeitungen sollen angehende Studenten auf das Angebot aufmerksam machen.

Strandzeiten: Eine Broschüre wirbt für ein Studium in Mecklenburg-Vorpommern. (Foto: Foto: oh)

Hochschulen im Osten wollen Studenten aus dem Westen anlocken. Denn die Zahl ihrer heimischen Studienanfänger wird nach Prognosen der Kultusminister bald zurückgehen. Die Lücken in den Lehrsälen hofft man mit West-Importen zu füllen.

Denn in den alten Bundesländern machen derzeit noch vergleichsweise geburtenstarke Jahrgänge ihr Abitur; sie benötigen bis zum Jahr 2010 etwa 90000 zusätzliche Studienplätze. Also sollen mehr Westdeutsche als bisher zum Studieren in den Osten gehen; die Hochschulen möchten die Zahl ihrer Studienplätze auf dem Stand von 2005 halten.

Dafür bekommen sie Zuschüsse vom Bund. Sachsen beispielsweise erhält 27Millionen Euro. Schafft es das Bundesland nicht, seine knapp 20 000 Studienplätze zu erhalten, wird die Summe gekürzt. Noch hat in Sachsen der demographische Knick nicht eingesetzt; das Land arbeitet aber schon an einer Werbekampagne für das kommende Frühjahr.

Der Osten habe immer noch ein Imageproblem, sagt Eileen Mägel vom sächsischen Kultusministerium. Deshalb seien ,,Road shows'' geplant: Lastwagen mit Infomaterial sollen die Orte mit doppelten Abiturjahrgängen besuchen. Die Technische Universität Chemnitz schickt bereits jetzt einen ,,Future truck'' durchs Land, um mit Experimenten Schüler für Naturwissenschaften und Technik zu begeistern.

Bei der ,,Exzellenzinitiative'', dem bundesweiten Elite-Wettbewerb, kamen ostdeutsche Unis nicht auf die vorderen Plätze. Man müsse sich auf die eigenen Stärken konzentrieren, sagt Ulf Telking, Büroleiter des Kultusministers in Mecklenburg-Vorpommern. Auch wenn man in Forschung nicht überall vorn mitspiele, seien Rostock und Greifswald ,,tolle Standorte mit einer guten Lehre''.

An ostdeutschen Hochschulen gibt es in vielen Fächern mehr Dozenten und weniger Studenten als im Westen; die Mieten sind meist günstiger. Und abgesehen von Rückmeldegebühren zwischen 60und 240 Euro gibt es in Ostdeutschland bisher keine Studiengebühren.

,,Zwischen Audimax und Strand'' heißt die Broschüre, die für Mecklenburg-Vorpommern Werbung macht. Mit Surfertypen, Strandbildern und Studentendörfern, die aussehen wie aus dem Center-Parcs-Katalog, könnte sie bei Schulabgängern tatsächlich ankommen. Nur beim Kochrezept, das in der Broschüre abgedruckt ist, merkt der begehrte West-Abiturient, dass es in den Osten geht: Es gibt Spirelli mit Ketchup-Jagdwurstsoße.

© SZ vom 2.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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