Studiengebühren:Der Studenten-Zivi

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Ausweg Sozialarbeit: In Amberg können Studierende für die Caritas arbeiten - die zahlt ihnen dafür die Hochschulgebühren.

Kassian Stroh

Erich Bauer hat eine Doppelfunktion, das macht sich bezahlt. Er ist Präsident der Fachhochschule Amberg-Weiden - als solcher bekommt er die Sorgen seiner Studenten mit, die ab 2007 Studiengebühren zahlen müssen. Gleichzeitig sitzt er im Vorstand der örtlichen Caritas - da sieht er, wie im sozialen Bereich dringend Helfer gesucht werden. Daraus hat Bauer ein "Amberger Modell" gebastelt: Künftig übernimmt die Caritas für Studenten die Gebühren, die im Gegenzug für Behinderte Einkäufe erledigen oder Alten die Zeitung vorlesen. Bei Studiengebühren von 500 Euro im Semester und einem Stundensatz von etwa sieben Euro reichten drei Wochenstunden Sozialarbeit aus, die Gebühren zu decken.

Krankenpfleger mit Patientin: bald ein Studenten-Job? (Foto: Foto: AP)

Das "Amberger Modell" ist erst ein paar Wochen alt, über die Reaktionen ist Bauer jedoch "über die Maßen überrascht". Viele seiner 1900 Studenten seien interessiert, wahrscheinlich mehr als die Caritas brauchen kann.

Jetzt hat sich auch die Landtags-CSU die Sache zu Eigen gemacht und fordert von der Staatsregierung zu prüfen, ob das Modell landesweit und auch mit anderen Verbänden durchführbar wäre. Zudem sollen in einem Leitfaden ein paar Sachen geklärt werden: Fragen der Besteuerung etwa. Das Amberger Modell findet der CSU-Hochschulpolitiker Ludwig Spaenle "wegweisend", zumal es nicht nur ums Geld geht.

Für Bauer ist es auch der Versuch, dass angehende Ingenieure einen "Seitenwechsel" machen und eine andere Welt erleben - die der Alten, Behinderten und Pflegebedürftigen. Bei der Gewerkschaft Verdi wird jedoch Kritik laut: Sie befürchtet, dass die Studenten anstelle von qualifiziertem Personal eingesetzt würden. Das will die CSU nicht gelten lassen. Neben Ehrenamtlichen und Professionellen sieht sie die Studenten als "dritte Säule": Sie sollten ja nicht in der Pflege arbeiten, sondern zusätzliche Hilfsleistungen anbieten - Dinge also, die etwa auch Zivildienstleistende machen würden.

Mit dem Modell wolle die CSU die soziale Grausamkeit der Studiengebühren bemänteln, kritisiert Ulrike Gote von den Grünen. Erst bringe die CSU die Studenten "in eine soziale Notlage und dann nutzt man dies auch noch aus und schickt sie in schlecht bezahlte Aushilfsjobs". Ganz abgesehen davon, dass viele ohnehin nebenher arbeiten müssten, um ihr Studium zu finanzieren. Bei den Beratungen der Hochschulreform hat Gote einen Alternativvorschlag gemacht: 500 Euro Studiengebühren sollten die Unis zahlen, und zwar an ihre Studenten, wenn die Lehrbedingungen schlecht sind. Erwartungsgemäß hat die CSU den Antrag abgelehnt.

© SZ vom 12.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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