Stellensuche:Das gewisse Extra

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Bewerber ohne Eigenschaften: Auf einer Jobmesse in Tokio wirken alle Kandidaten identisch. (Foto: Bloomberg)

Mit einer besonderen Bewerbung überzeugen - das will wohl jeder Jobsuchende. Übertreibungen und eine allzu extravagante Aufmachung kommen jedoch nicht gut an. Wie überrascht man einen Personalchef?

Von Bettina Levecke

Anschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse, eventuell noch ein paar Referenzen - so sieht die 08/15-Bewerbung aus. "Auch Online-Bewerbungen, die direkt über die Bewerbungsportale der Arbeitgeber ausgefüllt werden, entsprechen leider häufig Schema F", sagt Jürgen Zech, Karriereberater aus Köln. Denn die Form der Bewerbung ist oft sehr stark vorgegeben. Dennoch sei es möglich, Individualität zu zeigen und sich von der Masse der Kandidaten abzuheben.

Der persönliche Anhang. Wer sich online für einen Job bewerben muss, kann erst einmal nicht viel tun, außer die vorgegebenen Felder auszufüllen. Erst beim Anhang wird es interessant: Neben Lebenslauf oder Zeugnissen kann hier etwas persönlich Gestaltetes hochgeladen werden, etwa ein PDF-Dokument mit Arbeitsproben. Wer sich in einem Reisebüro bewirbt, kann zum Beispiel eine Grafik basteln, die zeigt, welche Orte der Welt man selbst schon bereist hat. Im Anhang hat man die Gelegenheit, noch ein Stück Persönlichkeit mitzuschicken. Das sollten Jobsuchende auf jeden Fall nutzen. Ähnliches gilt für die Bewerbung per Post. Jürgen Hesse, Karrierecoach und Ratgeberautor aus Berlin, empfiehlt, auch hier für einen Überraschungseffekt zu sorgen. Knallgelb und im A2-Format muss die Bewerbung dafür allerdings nicht sein. "Zu viele Extras und Übertreibungen kommen nicht so gut an", warnt Hesse und empfiehlt, lieber gezielt Kontraste zu setzen. "Entweder ein besonderes Papier oder Format. Oder eine besondere Farbe oder Schrift, aber nicht alles zusammen." Wer im kreativen Bereich arbeitet, kann das Anschreiben beispielsweise in einer besonderen Schrift gestalten, die man selbst entworfen hat. Eine andere Möglichkeit ist, den Lebenslauf mit grafischen Elementen ungewöhnlich darzustellen.

Die Edel-Bewerbung. Dass eine Bewerbung auf keinen Fall kreischbunt sein muss, um Personalern ins Auge zu fallen, davon ist Christine Werner überzeugt: "Heute gilt die Devise, weniger ist mehr", sagt die Karrieretrainerin aus Berlin. Gerade in Branchen, die eine hohe Bewerberquote haben, fallen die Bewerbungen auf, die klar strukturiert sind. "Der Leser sollte sofort wissen, wen er da vor sich hat", sagt Werner. Statt eines Anschreibens in Romanlänge und seitenlanger Detailverliebtheit im Lebenslauf gilt die pure Essenz. "Konzentrieren Sie sich in Ihrer Bewerbung auf die Punkte, die Sie für den Job prädestinieren und heben Sie diese gezielt hervor." Dabei sei es clever, Wörter aus der Jobanzeige zu wiederholen. Wird jemand gesucht, der teamfähig und zuverlässig oder mit hoher sozialer Kompetenz ausgestattet ist? "Dann bringen Sie diese Formulierungen in Ihrem Anschreiben und im Lebenslauf unter." Werner empfiehlt, ergänzend ein Kurzprofil im Lebenslauf unterzubringen, und zwar direkt unter dem Wort Lebenslauf: "Und zwar mit drei Bullet Points, die Sie perfekt beschreiben und auch Wörter aus der Stellenbeschreibung aufgreifen." Ein Beispiel: "Marika Muster, Gärtnerin mit Blick fürs Ganze, zupackend, pünktlich, kollegial" oder "Emil Exempel, Diplom-Sozialarbeiter mit langjähriger Erfahrung in der Jugendarbeit, empathisch, zuverlässig, krisenfest".

Der Überraschungs-Angriff. Wer sich nicht nur auf die digitale oder postalische Bewerbung verlassen möchte, sollte selbst aktiv werden, sagt Hesse. Der Frontalangriff für Mutige: sich persönlich vorstellen - und zwar ohne Termin. Er empfiehlt: "Ein Konditor kann zum Beispiel ein Törtchen vorbeibringen, um seine Backkunst zu demonstrieren." Um in Erinnerung zu bleiben, sei es wichtig, eine Visitenkarte mit den Kontaktdaten bei sich zu haben. "Sinnvoll ist dabei auch eine Internetadresse mit weiterführenden Informationen zur eigenen Person." Oder eine Präsentation zum Anklicken, etwa als Video oder PDF-Dokument. "Konzentrieren Sie sich dabei auf drei Punkte", rät Christine Werner. Wer bin ich? Was habe ich bisher gemacht? Warum passe ich in den Betrieb?

Das Gießkannen-Prinzip. Wer offen für verschiedene Arbeitgeber ist, kann sich bei seiner Bewerbungs-Taktik auch ganz breit aufstellen. Zech empfiehlt, einen hochwertigen und aussagekräftigen Flyer mit Foto und Mini-Lebenslauf zu erstellen und nach einer kurzen Vorstellung bei potenziellen Arbeitgebern etwa auf einer Messe zu verteilen. Auch hier ist es sinnvoll, dass es eine Internetadresse mit weiterführenden Informationen gibt. Wichtig bei dieser Strategie sei das Nachhaken. Zech rät, sich die Kontaktdaten der angesprochenen Person zu notieren und sich nach zwei bis drei Wochen telefonisch noch einmal in Erinnerung zu rufen.

Das besondere Foto. Egal für welchen Job man sich bewirbt: Ein Foto aus dem Automaten geht gar nicht. "Ein gutes Bild ist in vielen Bewerbungen schon die halbe Miete", sagt Zech. Bei vielen, eher konservativen Jobs ist ein klassisches Porträtbild erforderlich, allerdings zähle auch hier die Qualität. In vielen anderen Berufen bietet das Bild auch Spielraum zur positiven Selbstinszenierung: Der Ingenieur kann sich mit Schutzhelm auf einer Baustelle professionell ablichten lassen, die Reiseverkehrskauffrau vor einem Flugzeug. "Wichtig ist, dass man sympathisch und kompetent rüberkommt. Das Bild sollte für einen Aha-Effekt sorgen."

© SZ vom 30.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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