Startphase Steop:Harte Probezeit

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Nur der Hälfte der Studienanfänger in Österreich gelingt es, die Prüfungen der Orientierungsphase Steop zu bestehen. Das Studieneinführungs-Konzept wird nun ausgeweitet.

Von Christiane Kaiser-Neubauer

Seit fast zwei Jahren lebt Nora Steiner ( Name von der Redaktion geändert) nun schon in Wien. "Ich wollte für das Architekturstudium unbedingt weg aus meiner Heimatstadt Berlin und hatte mich unter anderem in Wien beworben. Hier gibt es keine Zugangsbeschränkung und eine lange Einschreibefrist, darum habe ich mich schließlich für die TU Wien entschieden", erzählt Nora Steiner. Eine Wahl, die die 20-Jährige bisher nicht bereut hat.

Derzeit absolviert Nora im vierten Semester die Lehrveranstaltung Studio Wohnbau. Zum Start in das Bachelorstudium Architektur im Herbst 2015 musste sie wie Tausende andere Erstsemesterstudenten an Österreichs Hochschulen zunächst die sogenannte Studieneingangs- und Orientierungsphase (Steop) bestehen. Diese ist - mit wenigen Ausnahmen - für alle Bachelor- und Diplomstudiengänge Pflicht. "Ich bezeichne die Steop gerne als eine Brücke in das Studium hinein. Sie dient dazu, einen ersten Bezug zum Fach zu bekommen und vermittelt methodische und inhaltliche Grundlagen der jeweiligen Studienrichtung. Diese erste Phase zeigt mir, ob ich als Studierende die richtige Wahl getroffen habe", sagt Christa Schnabl, Vizerektorin der Universität Wien, größte Hochschule im deutschsprachigen Raum.

Ziel der Einführungsphase an den österreichischen Unis ist, mögliche Studienabbrecher schnell zu erkennen sowie am Weiterstudieren zu hindern - und somit die Rahmenbedingungen und Angebote der Unis für die verbleibenden Studierenden zu verbessern. Die Steop soll auch helfen, negative Begleiterscheinungen des freien Hochschulzugangs wie die langen Wartezeiten auf Prüfungs- und Praktikumsplätze zu minimieren. Für die Fortsetzung des Studiums ist das Bestehen der Steop, die in einem Semester gemeistert werden kann, Voraussetzung. "Die Studieneingangsphase an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) umfasst vier Prüfungen und muss in allen Fächern absolviert werden. Bewerben sich mehr als 3674 Studierende im Jahr für die wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Studien, muss man zusätzlich einen Aufnahmetest absolvieren", sagt Lukas Fanninger, Vorsitzender der österreichischen Hochschülerschaft an der WU. Soll heißen: Ist der Andrang auf BWL, Wirtschaftsinformatik und VWL an der führenden Wirtschaftshochschule Österreichs zu groß, wird eine weitere Einstiegshürde eingeschoben. Spezielle Aufnahmeregelungen wie an der WU gibt es mangels zentraler Studienplatzvergabe bei beliebten Studien an fast allen Uni-Standorten.

Nur die Hälfte der Teilnehmer schafft die Steop. Spezielle Kurse bereiten auf die Prüfungen vor

Nicht zuletzt aufgrund des regen Interesses deutscher Abiturienten wurden etwa an den medizinischen Fakultäten in Wien, Graz, Innsbruck und Linz sowie im Fach Publizistik und Kommunikationswissenschaften an den Unis Wien, Salzburg und Klagenfurt Zugangsbeschränkungen eingeführt. Laut Quotenregelung für das Medizinstudium sind 20 Prozent der Anfängerplätze für EU-Bürger vorgesehen. Diese Plätze werden fast ausschließlich von Deutschen belegt. An der Universität Wien kommen aktuell neun Prozent der circa 94 000 Studenten aus Deutschland. Die Studiengänge mit Aufnahmeprüfung waren bislang generell von der Steop befreit, sie wird jedoch ab dem Studienjahr 2017/2018 Pflicht. Einzige Ausnahmen laut Universitätsgesetz: Human- und Zahnmedizin, Psychologie und Veterinärmedizin, die per Verordnung des Rektorats von einer Eingangsphase absehen können. Die Medizinischen Universitäten Wien, Graz, Linz und Innsbruck wollen diese Regelung nutzen und die bestehenden Lehrpläne (ohne Steop) beibehalten. An der Universität Wien, die 55 Studienrichtungen anbietet, gibt es Änderungen. "Beim Bachelorstudium Psychologie planen wir eine Neuregelung. Für die Zulassung war bisher ein schriftlicher Aufnahmetest notwendig, ab dem kommendem Wintersemester werden wir zusätzlich eine Studieneingangs- und Orientierungsphase einführen", sagt Schnabl. Die Unis in Graz und Klagenfurt bleiben in Psychologie Steop-frei.

Mit dem Studienjahr 2017/2018 wird auch der Umfang der Startphase österreichweit einheitlich geregelt. Diese muss sich nun auf mehrere Lehrveranstaltungen verteilen und mindestens acht und höchstens zwanzig sogenannte ECTS Punkte umfassen. Zur Einordnung: Ein European-Credit-Transfer-System-Punkt entspricht 25 bis 30 Arbeitsstunden. Die genaue Ausgestaltung der Studien- und Orientierungsphase variiert nach Universität und Studienfach. So gibt es etwa an den großen Unis häufig ein Fixprogramm ohne Wahlfreiheit mit einem umfangreichen Multiple-Choice-Test als Abschluss. Wer beispielsweise in Linz an der Johannes-Kepler-Universität studieren will, kann nach bestimmten Pflichtmodulen weitere Kurse frei wählen. Die Steop wird dann in mehreren Teilprüfungen abgelegt und gilt erst nach dem Absolvieren aller Tests als bestanden. Die Einführungsphase für den Bachelor Architektur an der Technischen Universität umfasst ebenfalls mehrere Module. "Die Kurse der Studieneinführungsphase waren sehr intensiv, aber das hat mich nicht beunruhigt. Es war rasch klar, dass es für mich in die richtige Richtung geht, und das hat mich motiviert", sagt Nora Steiner, die alle Prüfungen geschafft hat. Wer nicht erfolgreich ist, hat drei weitere Versuche. Fällt man auch beim vierten Versuch durch die Prüfung, erlischt die Zulassung zum Studium sofort. "Die Quote der Steop-Absolventinnen und Steop-Absolventen liegt derzeit bei circa fünfzig Prozent aller Studienanfänger. Angesichts von 15 000 Beginnerinnen und Beginnern im Jahr sieht man, wie wichtig dieses Instrument für die Universität Wien ist", sagt Schnabl.

Die Lehrveranstaltungen für die Einführungsphase starten häufig bereits vor Semesterbeginn im September und Februar. Je nach Curriculum dürfen Studierende ausgewählte Kurse höherer Semester in die Steop-Phase vorziehen. Aufgrund der hohen, sogenannten Drop-out-Quoten nehmen viele Erstsemester zusätzlich zu den universitären Angeboten an Prüfungskursen der Hochschülerschaft teil. "Unsere Intensivkurse zur Vorbereitung auf die Steop-Prüfungen sind voll. Wir leisten damit Unterstützungsarbeit, die die Universität nicht leisten kann", sagt Studierendenvertreter Fanninger. Generell müssen sich die jungen Leute in den kommenden Monaten auf weitere Änderungen bei den Zugangsvoraussetzungen an den Österreichischen Universitäten einstellen. Denn die Regierungskoalition in Wien verhandelt derzeit ein kapazitätsorientiertes System zur Studienplatzfinanzierung.

Nora Steiner lernt mittlerweile für eine weitere Studieneingangsprüfung. Sie hat zu Jahresbeginn Philosophie als Zweitstudium an der Uni Wien belegt.

© SZ vom 06.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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