Sprachkurs im Netz:Klicken, chatten, skypen

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Stefan Philipp hat mit Babbel Schwedisch gelernt. Laura Nagel, die Vietnamesisch gelernt hat, entschied sich für Rosetta Stone. (Foto: privat)

Vietnamesisch und Skandinavisch: Zwei junge Berufstätige erklären die jeweiligen Besonderheiten der beiden Programme, mit denen sie eine Fremdsprache gelernt haben. Sie verraten auch, woran es hapert.

Von Bianca Bär

Programme wie Babbel und Rosetta Stone bedienen sich bei der Sprachvermittlung vieler spielerischer Elemente. Die Lektionen enthalten Übungen zu Wortschatz, Hörverstehen oder Schreiben. Eigens auf die persönlichen Bedürfnisse der Kunden zugeschnittene Kurseinheiten gibt es nicht. Die Aussprache wird über ein automatisches Erkennungsprogramm überprüft. Auf die persönliche Betreuung durch einen Lehrer verzichten diese Programme überwiegend. Damit wirken sie auf den ersten Blick nicht seriös genug, um ernsthafte, für das Berufsleben wichtige Fortschritte beim Sprachenlernen zu erzielen. Zwei junge Berufstätige erklären, weshalb sie sich trotzdem für diese Online-Lernmethoden entschieden haben und wo die Schwierigkeiten liegen.

Die 27-jährige Laura Nagel bereitet sich gerade mit Rosetta Stone auf ihren Job am Goethe-Institut in Hanoi vor. Von Anfang August an wird sie dort die Öffentlichkeitsarbeit übernehmen. Um bei Arbeitsantritt zumindest die Grundlagen der vietnamesischen Sprache zu beherrschen, habe sie sich zunächst in Münster nach herkömmlichen Kursen umgesehen. Doch in der näheren Umgebung war das Angebot gleich null. Also klickte sie sich durch die Sprachlernangebote im Internet und blieb wegen des spielerischen Ansatzes an Rosetta Stone hängen. "Für mich war klar, ich muss Spaß am Lernen haben, sonst gebe ich zu schnell auf", erzählt Nagel.

Rosetta Stone lässt Grammatikerklärungen und Übersetzungen außen vor; das Programm ahmt das Konzept des kindlichen Spracherwerbs nach. Dabei werden die Wörter mit dem Bild, für das sie stehen, in Verbindung gebracht. Dies läuft so ab: Auf dem Bildschirm erscheint die Abbildung eines Mädchens. Dazu erscheint die Buchstabenfolge "Mädchen", danach wird der Begriff vorgelesen. In einer weiteren Stufe müssen die Wörter den Bildern zugeordnet werden. Die Bedeutung abstrakterer Wörter ergibt sich nach und nach aus dem Kontext.

Das Programm sei für Nagel ein Spiel, eine Herausforderung. "Ich muss mir alles selbst erschließen. Wenn ich etwas richtig zuordne, habe ich ein Erfolgserlebnis." Die fehlende Übersetzung bereite ihr aber zuweilen auch Schwierigkeiten. "Ich verstehe zwar meistens den Inhalt der Sätze, aber manchmal bin ich mir nicht sicher, was die einzelnen Wörter genau bedeuten." In solchen Fällen zieht Nagel zusätzlich Google Translator zu Hilfe. Ganz auf sich allein gestellt ist Nagel nicht. Auf der Website des Anbieters hat sie die Möglichkeit, sich in Chats und Skype-Gesprächen mit anderen Lernenden oder muttersprachlichen Tutoren auszutauschen.

Der gebürtige Österreicher Stefan Philipp lernte sieben Monate lang Schwedisch vom PC aus, bevor er im Mai 2014 zu seiner Partnerin nach Uppsala zog. Die beiden hatten in ihrer Fernbeziehung bis dahin problemlos auf Englisch kommuniziert. Doch sobald feststand, dass er das Burgenland verlassen würde, hielt er nach Sprachkursen Ausschau, um auf dem schwedischen Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können.

Der 24-Jährige entschied sich für das Sprachlernprogramm Babbel, das im Gegensatz zu Rosetta Stone Grammatiklektionen enthält und die Begriffe auf Deutsch übersetzt. Er ist zufrieden mit seiner Wahl: "Komplizierte Regeln werden besonders gründlich erklärt." Verstehe er eine Lektion nicht, könne er sie beliebig oft abspielen. Außerdem werde der Stoff den Schülern "in kleinen Häppchen verabreicht" und sei somit leicht zu verarbeiten. In abwechslungsreichen Übungen werde der Stoff anschließend eingeübt.

Philipps Bemühungen waren erfolgreich. Seit Dezember 2014 arbeitet er in einem schwedischen Unternehmen und übernimmt dort Übersetzungsaufgaben vom Schwedischen ins Deutsche. "Ich spreche nun fließend Schwedisch, ohne jemals Präsenzkurse besucht zu haben." Doch er weist auch auf eine Schwierigkeit hin: mangelnde Sprachpraxis. "Wer keine Muttersprachler kennt, für den ist es schwierig, nur über so ein Programm zu lernen." Er habe dabei immerhin auf die Unterstützung seiner Frau zählen können.

© SZ vom 02.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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